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Organisatorisches Dunkel

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Obwohl das Universitäts-Organisationsgesetz am 1. Oktober 1975 in Kraft treten soll, gibt es zur Stunde noch keine Durchführungsverordnung. Maßgebliche Hochschulfunktionäre sprechen trocken von einem Skandal. Nich einmal zum Abschnitt 20 des UOG, der den Titel „Übergangsbestimmungen und Vollziehung“ trägt, wurden bislang Richtlinien für die Vollziehung gegeben. Das Gesetz fordert zwar unter anderem, daß der akademische Senat, die Fakultäten und Institutskonferenzen unverzüglich, (jedoch bis spätestens 30. 6. 1976) auf das neue LOG umzustellen sind, eine Klärung des unbestimmten Gesetzesbegriffes „unverzüglich“ ist das Ministerium aber bislang schuldig geblieben.

Nunmehr hat — vier Wochen voi Inkrafttreten — das Ministerium zu einer Besprechung des ersten Durchführungserlasses „geladen“. Die Österreichische Hochschülerschaft findet es jedoch äußerst „befremdlich“, daß ursprünglich weder Assistenten — noch Studentenvertreter eingeladen wurden. Erst auf nachhaltiges Drängen der Studenten wurden von FraU Minister Firnberg zwei Vertreter des Zentralausschusses zugelassen, die sich jedoch mehr als „Beobachter“ denn als gleichwertige Partner fühlen. In einer Aussendung heißt es daher auch, daß laut UOG in allen Gremien vorgesehene Mitbestimmung nicht mehr ernstgenommen werden könne.

Daß die Frau Minister einem weit größeren und peinlicheren Skandal nur ganz knapp entgangen ist, verdankt sie nur den Sommerferien. Mitte Juli erging nämlich das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das der Beschwerde des ZA-Vorsitzenden Georg Schneider stattgibt und wörtlich von einer „leichtfertigen Fällung einer Entscheidung, die als willkürlicher Akt zu qualifizieren ist“, spricht. Die Vorgeschichte ist bekannt: dem ÖSU-Chef und gleichzeitigen Vorsitzenden des Zentralausschusses der österreichischen Hochschülerschaft, Georg Schneider, wurde das Mißtrauensvotum ausgesprochen, was die Abwahl als Vorsitzender bedeutet. Obwohl sich herausstellte, daß bei dieser AbwaM-gröbste 'Unregelrriäßiigkeiten (wi«£ etwa Fälschungen von Vertretungsvollmachten) vorgekommen waren, hatte das Ministerium keine Bedenken, die Abwahl ÖSU-Schneiders zu sanktionieren und einen ihr genehmen Funktionär zu bestätigen. In die Amtsperiode eben dieses unrechtmäßigen Verwesers fällt bezeichnenderweise das heurige ÖH-Chaos.

Was die Hochschulpolitik betrifft, so gibt es begründete Hoffnung,, daß nunmehr Ruhe und seriöse Arbeit die Atmosphäre prägen werden. Abgesehen von der Tatsache, daß demnächst keine ÖH-Wahlen stattfinden werden, haben die letzten Wahlen eine deutliche Bestätigung der gemäßigten Gruppen gebracht Der Zentralausschußvorstand konnte ordnungsgemäß besetzt werden, wobei die ÖSU als stimmenstärkste Partei wieder den Vorsitzenden stellt.

(Pikantes Detail am Rande: eine der ersten Aufgaben des neuen Zentralausschusses wird es sein, das Budget 1975 [!] zu beschließen, da der nunmehr abgelöste ZA-Vorsitzende von Firnbergs Gnaden von November 1974 bis Mai 1975, ohne ein Budget zur Beschlußfassung vorzulegen, munter drauflos administrierte und in dieser Zeit Anwaltsspesen von 230.000 Schilling verursachte.)

ÖSU-Präsident Georg Karasek sieht als Schwerpunkte für die Arbeit der nächsten Zeit die Verwirklichung des Universitätsorganisations-gesetzes sowie die intensive Beschäftigung mit der sozialen Lage des Studenten in Österreich.

Die nächste Zeit wird zeigen, inwieweit auch die anderen Fraktionen bereit sind, für diese studentischen Anliegen einzutreten, um das zu halten, was sie vor den Wahlen versprochen haben. Der Fall, daß der Verband der Sozialistischen Studenten („um die Frau Minister zu schonen“) schon einmal Budgetdemonstrationen ferngeblieben ist, ist noch in Erinnerung.

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