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Orientierungslosigkeit

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ken. So hat er besonders eine deutlichere marktwirtschaftliche Orientierung zeitweise vermißt; der Entwurf des österreichischen Sozialhirtenbriefes wurde von Schmitz einer konstruktiven Kritik unterzogen, die sich gewiß auf die Endfassung ausgewirkt hat.

Immer wieder war Schmitz am Freiheitsprinzip orientiert, einem der tragenden Ordnungsgrundsätze der Katholischen Soziallehre, ebenso am Subsidiaritätsprinzip. Der Ordnungsgrundsatz der Solidarität war für Schmitz immer ein mehrstufiger: Wir stehen in verschiedenen Gemeinschaften, zu denen wir Verpflichtungen aus dem Geist der Solidarität haben.

Das Prinzip „Sachkenntnis"

Die Sozialfunktion des Wettbewerbs wurde von Schmitz besonders herausgestellt: Von seinem Lehrer Johannes Messner ausgehend hat er hier die soziale Seite der marktwirtschaftlichen Ordnung betont, die Ordnungsgrundsätze der Sozialen Marktwirtschaft in vielen Arbeiten umschrieben, so in den einschlägigen Beiträgen der beiden Auflagen des Katholischen Soziallexikons. Der Markt wurde als integrierter Teil ethisch fundierter Ordnungsvorstellungen gesehen. Ordnungspolitische Orientierungslosigkeit-in Osterreich häufig zu finden - hat Schmitz immer scharf kritisiert.

Für Schmitz war es ein Grundanliegen, eine „wachsende Kooperation einer auf christlicher, sozialrealistischer Sicht des Menschen begründeten Soziallehre" mit den „Erkenntnis-

sen der sich in ihren Horizonten weltweit und gesellschaftsumfassend entwickelten Ordnungstheorie und Ordnungspolitik" herbeizuführen. Ausreichende Sachkenntnis hat Schmitz immer als weiteres Prinzip neben den traditionellen Ordnungsgrundsätzen der Katholischen Soziallehre angeführt.

Er war auch bemüht, diese Ideen auf den großen Soziallehrer Thomas von Aquin zurückzuführen, den Ordo-Gedanken, der für die Tradition des katholischen Sozialdenkens so viel bedeutet. In diesem Sinn stellt Schmitz für die modernen christlichen Soziallehren einen „ordnungsethischen Nachholbedarf' fest. Sozialethik ist für Schmitz weithin Institütionen-ethik: Wir müssen in diesen Institutionen wirken, in Parteien und Verbänden, in Parlamenten und Regierungen, in Vereinen, in Kirchen und in allen kleineren und größeren Gemeinschaften in dieser so komplexen Gesellschaft.

... in einseitiger Weise beurteilt

Eine klare marktwirtschaftliche Orientierung, verbunden mit einer effizienten Sozialpolitik, die sich der Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Absicherung bewußt ist - für solche Anliegen in Österreich einzutreten, war nie leicht. Auch im katholischen Lager treten immer wieder einseitige kritische Meinungen über die marktwirtschaftliche Ordnung hervor, fehlt es manchmal an jenem Sachwissen, das Schmitz für so entscheidend herausstellt. In „linkskatholischen" Kreisen wurde Wolfgang Schmitz

immer wieder in sehr einseitiger Weise beurteilt. Wettbewerb, Freiheit und Leistungsprinzip sind die entscheidenden Voraussetzungen für die Handlungsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems, schreibt der Berliner Sozialethiker Rolf Kramer in der Schmitz-Festschrift.

Anliegen Verantwortungsethik

Solche ganz eindeutigen Erkenntnisse wollte Schmitz auch in Österreich breiten Schichten der Bevölkerung klarmachen. Die sozialpädagogische Funktion einer Katholischen Soziallehre hat Schmitz in diesem Sinn immer für wichtig gehalten. Besonderes Anliegen aber war die Verantwortungsethik: Es ist der von seinem Gewissen bestimmte Mensch, der in den Institutionen der Wirtschaft und der Politik wirkt und lebt.

Gerade die Ethik ist in Österreich -zumindest im universitären Bereich -trotz beachtlicher Bemühungen auch katholischer Professoren - eher etwas „unterbelichtet". Schmitz hat in Wien und Innsbruck an den Universitäten versucht, der Währungsethik einen Platz zu sichern.

Als hervorragender Kenner der Währungspolitik kann Schmitz gerade in diesem Bereich, aber letztlich in der gesamten Wirtschaftspolitik, die geistige Verbindung zur Ethik herausstellen - ein Anliegen, dem nicht nur für die akademische Jugend große Bedeutung zukommt.

Der Autor, langjähriger Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Bundeswirtschaftskammer, ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Wien.

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