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Orthodoxe Kirche im kommunistischen Staat

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In der rumänisch-orthodoxen Kirche gibt es auch heute noch keine Trennung von Kirche und Staat Die Priester, die Professoren der Theolo- gischÄBikpltät undÄntliche Angestellte, und Funktionäre der Diözese werden zum überwiegenden Teil vom Staat besoldet, und doch üben weder Staat noch Partei in diesem Land einen Einfluß auf die Kirche aus. Der Rechtsstatus hat sich seit dem Königreich nicht geändert.

Zu Ende des 19. Jahrhunderts überließ die Kirche den größten Teil ihrer enormen Güter dem Staat, der dafür für die Ausbildung des Klerus und die Erhaltung der gesamten orthodoxen Kirche aufkam. Dieser Vertrag wird auch heute noch respektiert, berichtete Bischof Antonie Plamadeala, der Patriachaivikar der rumänischen Patriarchie, anläßlich eines Besuches in Wien.

Rumänien hat heute etwa 10.000 Priester., Nachwuchssorgen kennt man dort nicht. Es gibt sechs Seminare, in denen je 300 Studenten studieren, und ein siebentes für spätberufene junge Leute zwischen dem 23. und 35. Lebensjahr mit 150 Kandidaten. In Sibiü (Hermännstadt) besuchen etwa 650 Studenten die Theologische Fakultät, in Bukarest 950. Noch immer gibt es mehr Kandidaten als verfügbare Plätze beim Theologiestudium. Die Kirchen sind ausgezeichnet besucht und ganztägig geöffnet.

Der Bischof betonte, daß sich der rumänische Staat bisher jeder aggressiven atheistischen Propaganda enthalten habe. Auch würden die Gläubigen weder beruflich noch sonst in ihrem sozialen Leben diskriminiert. Es gebe keine Kontroverse zwischen Kirche und Staat, sagte der Bischof.

Der orthodoxe Klerus in Rumänien gilt als kultiviert und gebildet. So ist es möglich, daß von den Diözesen etwa zehn theologische Monatszeitschriften herausgegeben werden. Sie besitzen auch eigene Druckereien, die voll beschäftigt sind und auch Auslandsaufträge annehmen.

Für die Familien der Priester und für das Ordinariatspersonal gibt es Ferienhäuser am Meer und im Gebirge, in die auch Gäste anderer Religionen eingeladen werden können. In Altersheimen und Pensionen wird für kranke Geistliche und Gläubige von der Diözese gesorgt.

Nach dem Tod des alten Patriarchen wurde am 12. Juni nach nahezu 30 Jahren ein neuer Patriarch gewählt.

Hierzu trat nach alter Tradition ein eigenes Kirchenparlament zusammen, das zu zwei Dritteln aus Laien und zu einem Drittel von Bischöfen und Vikaren des Landes beschickt wird. Die Laien, beteuerte Bischof Plamadeala, würden von den Pfarrern aus den aktivsten gläubigen Christen ausgewählt. Außerdem haben drei Vertreter des Staates, der Ministerpräsident, ein Abgeordneter des Parlaments und der Staatssekretär für kultische Angelegenheiten, das Recht, an der Wahl teilzunehmen. Sie besitzen jedoch bloß drei Stimmen gegenüber den 120 gläubigen Wahlberechtigten. Wahlvorschläge gab es keine. Die Wahl selbst war geheim. Nach orthodoxen? Kirchenrecht bestätigte die Synode den Gewählten, dann' mußte der Staatspräsident die Wahl bekanntgeben. Die Wahl fiel am 12. Juni auf den interimistischen Leiter des Patriarchates, Metropolit Justin Moisescu von Moldau, der damit neues Oberhaupt der rumänisch-orthodoxen Kirche ist.

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