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„Panarabische Versöhnung“

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Während USA-Außenminister Henry Kissinger noch hektisch bemüht ist, durch die Vermittlung eines weiteren Truppenentflechtungsabkommens für die israelischägyptische Front auf der Sinai-Halbinsel die Entspannung des Nahostkonfliktes voranzutreiben, entwickelt sich die seit dem Sieg der regulären jordanischen Streitkräfte über die Palästina-Freischärler im blutigen „schwarzen September“ von 1970 in Amman ruhige „Ostfront“ in der Jordansenke zu einem neuen Unruheherd. Nachdem König Hussein durch seine überraschende Annäherung an das bislang traditionell mit der haschimitischen Monarchie verfeindete benachbarte Syrien kürzlich eine aufsehenerregende außenpolitische Neuorientierung eingeleitet hatte, der durch die Bitte um Waffenlieferungen und den bevorstehenden Staatsbesuch des Monarchenpaares in der Sowjetunion weitere Akzente aufgesetzt werden, kam jetzt eine weitere beunruhigende Nachricht aus Amman: König Hussein und der Chef der „Palästinensischen Befreiungs-Organisation“ (PLO), Jassir Arafat, haben ihre tiefgreifenden Differenzen beigelegt, und Jordanien erlaubt der PLO die Wiedereinrichtung von Basen als Ausgangspunkt für ihren Guerrillakrieg gegen Israel.

Die „Versöhnung“ zwischen dem Haschimitenkönig und dem PLO-Chef, die sich fast ein Jahrfünft lang unaufhörlich gegenseitig nach dem Leben trachteten, ist das Werk des syrischen Präsidenten-Generals Ha-fis el^Assad. In Beirut sieht man in dem bislang nicht veröffentlichten Abkommen zwischen den beiden'ungleichen Vertragspartnern eine „Rehabilitierung der Freischärler“ durch Amman. Das Prestige Arafats, das in den noch immer nicht völlig beendeten Bürgerkriegswirren im

Libanon schwer gelitten hatte, erhielt dadurch neuen Auftrieb. Erste Auswirkung ist eine umfassende Propagandakampagne gegen die in die Schießereien und Mordanschläge in Beirut verwickelten radikalen Linksgruppen, die von der Dachorganisation jetzt als „objektive Bundesgenossen des Zionismus“ gebrandmarkt werden.

Nach Informationen aus dem PLO-Hauptquartier wurde zwischen Hussein und Arafat schriftlich vereinbart, daß die Guerrilleros auf jordanischem Boden zunächst neun neue Stützpunkte errichten dürfen. Sie werden sich in der Nähe von Irbid, Salt und im sogenannten Ghor-Tal befinden. In Amman darf die PLO ein Administrationsbüro und verschiedene Verwaltungseinrichtungen eröffnen, die künftig wieder den Flüchtlingen zur Verfügung stehen sollen. Auch die Gesundheitsfürsorge für die Lagerinsassen in Jordanien soll wieder in die Hände der Palästinenser gelegt werden. Das Ammaner Außenministerium hat außerdem bereits angeordnet, daß die jordanischen Pässe von im Ausland lebenden Palästinensern anstandslos erneuert werden sollen. Von dieser Vergünstigung betroffen sind vor allem viele im Libanon lebende Palästinenser und fast alle militanten Parteigänger der PLO im v/estlichen Ausland. In Amman bezeichnet man diese Entwicklung als direkte Konsequenz der Unmöglichkeit, mit Israel zu einem Friedensschluß zu gelangen. Die Entschlüsse König Husseins revidieren jedoch nicht nur das Ergebnis des „schwarzen Septembers“, sie lassen auch auf eine bevorstehende Periode der Unruhe für das Jordangebiet schließen.

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