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Paradestück der Neugründungen trotz versäumter Gelegenheiten

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Selten wurde das Ziel - Errichtung einer Hochschule - mit so viel Zähigkeit, Energie, Idealismus und Opferbereitschaft verfolgt, wie dies bei der Linzer Universität der Fall war. Politiker aller Couleurs in Oberöster reich, die sich dabei im Einklang mit nahezu der gesamten Bevölkerung wußten, standen hinter diesem Projekt. Über zehn Jahre existiert nun diese Universität. Ist sie geworden, was ihre Gründer erwartet haben?

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Selten wurde das Ziel - Errichtung einer Hochschule - mit so viel Zähigkeit, Energie, Idealismus und Opferbereitschaft verfolgt, wie dies bei der Linzer Universität der Fall war. Politiker aller Couleurs in Oberöster reich, die sich dabei im Einklang mit nahezu der gesamten Bevölkerung wußten, standen hinter diesem Projekt. Über zehn Jahre existiert nun diese Universität. Ist sie geworden, was ihre Gründer erwartet haben?

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Die Frage ist nicht mit ja oder nein zu beantworten. Eines aber ist sicher: Das Werk ist gelungen, gelungen in dem Sinne, daß die Linzer Universität voll in der akademischen Welt integriert ist. Sie ist in kürzester Zeit zur selbstverständlichen Tatsache geworden. Wie keine der Neugründungen nach 1945 ist die Linzer Universität im In- und Ausland schnell zu Rang und Namen gekommen.

Auch die rein quantitative Entwicklung ist durchaus imponierend. An der Universität ist heute eine beachtliche Zahl von Professoren, Assistenten und Lehrbeauftragten tätig, die Zahl der Studenten übertraf von Anfang an die Erwartungen. Nach wie vor ist aber die Relation von Lehrenden und Lernenden an der Universität Linz äußerst günstig, denn von einem Massenbetrieb kann kaum in einem Fach gesprochen werden. In vielen Bereichen sind es vielmehr nahezu ideale individuelle Betreuungsmöglichkeiten.

Zwischenzeitlich haben bereits über 1500 Studenten ihr Studium abgeschlossen. Es wäre überheblich, bei der Linzer Ausbildung von einem Markenartikel zu sprechen, aber in so manchem Bereich erfährt diese doch eine bevorzugte Bewertung.

Trotzdem ist nicht zu übersehen, daß die Linzer Universität da und dort auch hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Man kann es so formulieren: Die Linzer Universität hat sich nicht nur überraschend schnell etabliert, sie ist leider auch überraschend schnell alt geworden. Genauer: Die Strukturen, Auffassungen und Einstellungen haben sich in vieler Hinsicht allzu schnell denen der „altehrwürdigen” hohen Schulen angepaßt, Nach Schwung und Einsatz der ersten Jahre zeigte man sich alsbald vom eigenen Erfolg beglückt, verlor den jugendlichen Elan zur Weiterentwicklung, zu neuen’Wegen, man schwenkte zu früh in die ausgefahrenen Gleise der „verwalteten” Universität ein. Die Universität Linz bewegt sich, wie andere Universitäten auch, auf der Stelle.

Die Initiatoren der Linzer Universität wollten nicht nur eine Universität errichten, sie wollten eine neue Universität, in der auch neue Wege in Forschung und Lehre gegangen werden sollten. Einige dieser Ziele waren insbesondere: Kooperation von Wissenschaft und Praxis, verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit in Forschung und Lehre. In erster Linie sollte die Kombination von interdisziplinärer Kooperation und das Zusammenwirken von Wissenschaftlern und Praktikern kombiniert und verstärkt in den Bereichen technische Naturwissenschaften einerseits, Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften andererseits erfolgen. Man erhoffte sich, daß an der Linzer Universität Fachisolierung vermieden, die fachüberschreitende Verständigung und Zusammenarbeit aber zur Selbstverständlichkeit werde. Man erwartete sich einen Wirtschafts- und So- zialwissenschafter, der auch das nötige rechtliche Instrumentarium kennt, seine gesellschaftspolitischen oder ökonomischen Entscheidungen auch rechtlich, wenn schon nicht in allen Bereichen beherrscht, so doch abzuschätzen vermag. Man erhoffte sich einen Juristen mit ökonomischen und gesellschaftswissenschaftlichen Einsichten, die es ihm ermöglichen, die rechtliche Interpretation in Harmonie von Recht und Wirklichkeit zu vollziehen und ihn daran hindern, zum sach- und weltfremden „Nur-Juristen” zu werden.

Vor allem aber sollte eben der Bogen von den technischen Naturwissenschaften zu den Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften gespannt werden. Insbesondere - das war ein Herzensanliegen der Initiatoren - sollten die Schwerpunkte der Tech- nisch-naturwissenschaftlichen Fakultät in Anlehnung und Ausnutzung der oberösterreichischen Industrien gebildet werden. In dieser intensiven Kooperation erhoffte man sich das Linzer Spezifikum, dies sollte die Linzer Universität von anderen unterscheiden und auszeichnen. Darauf wollte man die ganzen Anstrengungen für den Ausbau konzentrieren und da- fürauf eine Volluniversität verzichten. Dieses Konzept fand vor allem im Ausland viel Beifall.

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