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Die Errichtung der Hochschule für Gestaltung in Linz basierte auf der Erkenntnis, daß Oberösterreich eine Schule braucht, die den Gestaltungsproblemen der heutigen Gesellschaft in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht Rechnung trägt.

Die Frage, ob die von der Gesellschaft in die Hochschule gesetzten Erwartungen erfüllt wurden, ist nach den ersten sechs Jahren ihrer Existenz wohl berechtigt.

Die allgemeinen Ziele sind im Bundesgesetz festgelegt: „Die Hochschule dient der Pflege und der Erschließung der Künste, der Kunstlehre sowie in diesem Zusammenhang auch der Forschung und wissenschaftlichen Lehre.”

Diese Aufgaben zu erfüllen, ist deshalb von so großer Bedeutung, weil die Entwicklung der Menschheit mit Hilfe der immer raffinierteren Mittel von Technik und Wissenschaft einer Welt entgegengeht, die von totaler Nivellierung und Uniformierung geprägt ist, wenn nicht die typisch humanistischen Werte zur Erhaltung des Individuums gepflegt werden. Was dies bedeutet, zeigen uns erschreckende Beispiele in der Architektur und Umweltgestaltung in allen größeren Städten der Welt. Wie Visionen aus Aldous Huxleys „schöner neuer Welt”.

Es ist also das oberste Gebot, daß bei der Gestaltung unseres Umraumes, der bei der Kleidung beginnt und alles Gerät des täglichen Gebrauches bis zur Stadt- und Landschaftsgestaltung einschließt, die kreativen Kräfte, die allgemein in der Vergangenheit als „künstlerisch” bezeichnet wurden, entsprechend zum Einsatz kommen.

Menschen auszubilden, die an diesem Prozeß als künstlerische Gestalter tatsächlich mitzuarbeiten imstande sind, unter anderem dadurch, daß sie auch die Sprache der anderen Sparten im Team beherrschen, ist eines der großen Ziele der Hochschule.

Daß ferner an der Hochschule für Gestaltung Kunsterzieher für die all gemeinbildenden höheren Schulen ausgebildet werden, ist eine der schönsten und wirkungsvollsten Aufgaben. Durch eine Kunstpädagogik, die nicht mehr den alten Idealen der musischen Erziehung folgt, sondern der es um kritische Aneignung der neuesten fachtheoretischen Entwicklung geht und welche die Auseinandersetzung mit der Komplexität unserer Lebensverhältnisse sucht, ist die entsprechende Verbreitung eines allgemeinen Kulturbewußtseins von der Basis her möglich.

Dieses Kulturbewußtsein in der Gesellschaft einer von der Industrie geprägten Stadt zu wecken und einen Beitrag zur kulturellen Selbstfindung zu leisten, ist ein Auftrag, den die Hochschule erfüllt.

So hat die Veranstaltung Forum Metall im Jahre 1977 wesentlich dazu beigetragen, Linz und Oberösterreich in der internationalen Kulturszene einen spezifischen Stellenwert zu verleihen. Durch eine große Informationsausstellung wird 1980 eine Standortbestätigung unserer heutigen Kultur aus der Sicht des Design vorgenommen werden.

Außer der Lehrfunktion und dem genannten kulturpolitischen Aufgabenkreis stellt die Hochschule aber auch einen wesentlichen wirtschaftlichen Faktor dar.

Es war noch nie so klar wie heute, daß Österreichs Waren nicht mehr mit Billigwaren aus unterentwickelten Ländern konkurrieren können. Manches fertige Produkt kommt aus dem Femen Osten bei uiis zu einem niedrigeren Preis auf den Markt als hier das dafür notwendige Rohmaterial. Man ist sich auch auf den höchsten Entscheidungsebenen der Wirtschaft darüber einig, daß nur mit sogenannten „intelligenten Produkten” oder einfach auf Grund der Formqualität anspruchsvolleren Produkten vor der Konkurrenz bestanden werden kann.

Bei technischer und funktioneller Gleichwertigkeit wird eben eindeutig die formal und ästhetisch anspruchsvollere Ware gekauft werden. Die Produkte werden aber nicht von selber gestalterisch besser, sondern sie müssen methodisch neu gestaltet oder einem Re-Design unterzogen werden. Auf diesem Gebiet erfüllt die Hochschule eine wichtige Aufgabe.

Um den Absolventen den Übergang vom Studium in die Praxis zu erleichtern, wurden an der Hochschule mehrere Institute auf Vereinsbasis eingerichtet. Von diesen werden Arbeiten geleistet und Projekte realisiert, die im reinen Studienbetrieb der Meisterklassen nicht abzuwickeln sind. Der direkte Kontakt der Hochschule zu Wirtschaft, Industrie und Öffentlichkeit funktioniert über die Institute in vorbildlicher Weise.

Die Hochschule erfüllt also Aufgaben in dreifacher Hinsicht, nämlich als Lehr- und Forschungsanstalt, als kultureller Faktor und Impulsgeber und als wirtschaftlicher Partner.

Daß die in die Hochschule gesetzten Erwartungen erfüllt werden, geht aus der Expansion hervor, die das Haus sowohl in Form räumlicher Erweiterung, als auch hinsichtlich der Studieneinrichtungen erfährt.

So ist die Zahl der Studierenden, trotz strengster Auslese bei den Aufnahmeprüfungen, seit der Gründung um fast die Hälfte auf über 350 gestiegen. Bei den kommenden Aufnahmeprüfungen werden strengste Kriterien anzulegen sein, um nicht durch zu große Hörerzahlen den Studienbetrieb in einzelnen Meisterklassen in Frage zu stellen.

Eine wesentliche Weiterentwicklung der Hochschule ist in der Errichtung von zwei neuen Studienrichtungen zu sehen. Mit Studienbeginn ist in diesem Jahr erstmals die Inskription in den Meisterklassen „Textiles Gestalten” und „Visuelle Gestaltung” möglich.

Die ursprünglich gesteckten Ziele sind also weitgehend erreicht.

Mit der Fertigstellung des Hauptgebäudes am Hauptplatz und der Errichtung des werkstättenintensiven Gebäudes in der Gamisonstraße, die vorläufig bis Studienbeginn 1981 erhofft wird, sowie der Einrichtung der letzten noch ausstehenden Studienrichtung „Umraumgestaltung”, steht also dem Routinebetrieb einer etablierten Hochschule nichts im Wege.

Es sei denn, die Vorzeichen eines großen Umdenkens unserer Gesellschaft erweisen sich als richtig. Dann wächst der Hochschule nämlich wieder ein ordentliches Stück Arbeit zu, weil die Bewältigung der künftigen Probleme in noch größerem Ausmaß als bisher geahnt aus kulturphilosophischer Sicht anzugehen sein wird und die Gestaltung unserer täglich erlebten visuellen Umwelt eine noch viel bedeutendere Rolle, als man allseits glauben will, spielen wird.

(Der Autor ist Rektor der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz)

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