6814588-1973_01_04.jpg
Digital In Arbeit

Partner von morgen?

19451960198020002020

Ohne Fragezeichen stand der Partner-Slogan als Motto über dem 15. außerordentlichen Parteitag der Volkspartei, der am 30. November und 1. Dezember des Vorjahres in Salzburg stattfand. Das nach dem Wahlmißerfolg im Herbst 1971 proklamierte „Jahr der Parteiarbeit“ fand mit dieser Veranstaltung ein offizielles Ende. Seit Salzburg sind zwar kaum fünf Wochen vergangen, eine kurze Zeit. Doch war sie voll von politischen Ereignissen, die gerade „die Stunde der großen Oppositionspartei“ hätten bedeuten können. Waren sie es wirklich? Und was bringt das nächste Jahr für die ÖVP?

19451960198020002020

Ohne Fragezeichen stand der Partner-Slogan als Motto über dem 15. außerordentlichen Parteitag der Volkspartei, der am 30. November und 1. Dezember des Vorjahres in Salzburg stattfand. Das nach dem Wahlmißerfolg im Herbst 1971 proklamierte „Jahr der Parteiarbeit“ fand mit dieser Veranstaltung ein offizielles Ende. Seit Salzburg sind zwar kaum fünf Wochen vergangen, eine kurze Zeit. Doch war sie voll von politischen Ereignissen, die gerade „die Stunde der großen Oppositionspartei“ hätten bedeuten können. Waren sie es wirklich? Und was bringt das nächste Jahr für die ÖVP?

Werbung
Werbung
Werbung

Generalsekretär Kohlmaier hat In der letzten Woche des alten Jahres in einer Pressekonferenz in Wien zu diesen Fragen Stellung bezogen. Er skizzierte damals im wesentlichen drei Hauptangriffsflächen der Regierungspolitik: Die Preis- und Wirtschaftsentwicklung (nach ^Kohlmaier werden die unangenehmen Folgen der Inflation erst heuer zutage treten und nicht alle Bevölkerungsschichten werden einkommensmäßig damit Schritt halten können), die Probleme der Stadterneuerung und der Bodenordnung und die Bil-dungs- und Gesundheitspolitik.

Bei seinen Ausführungen zur inflationären Entwicklung „verstieg“ sich Kohlmaier allerdings dazu, an einem im allgemeinen sakrosankten Tabu österreichischer Usancen zu rütteln: Er erlaubte sich nämlich, Bundespräsident Jonas wegen dessen — seiner Meinung nach die Parteilinie der Sozialisten verfolgenden — Erklärungen zur Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr scharf zu kritisieren. Was ihm neben einer ätzenden Gegenerklärung in der Sozialistischen Korrespondenz ein entsprechendes Echo in der Öffentlichkeit eingetragen hat.

Solche Erklärungen während einer Pressekonferenz, die die Bilanz der Parteiarbeit und die Vorhaben für die Zukunft präsentieren soll, wirken in der Tat schlecht, weil die vielen anderen Punkte, die als Erfolge und Pläne der Partei angeführt werden, einfach untergehen.

Kohlmaier spricht nun von Aktionsprogrammen, die die Partei zu bestimmten Themen erarbeiten will, um das neue Grundsatzprogramm in die Praxis umzusetzen. In diesem Zusammenhang fällt indessen auf, daß die Spitzenpolitiker der Volkspartei in der Öffentlichkeit wenig bis gar nicht von Meinungsumfragen sprechen, die der ÖVP gerade in letzter Zeit ein Aufholen In der Gunst der Wähler bescheinigen. Glauben sie vielleicht nicht so recht daran?

Der Verlauf der letzten Budgetdebatte im Nationalrat, der in der Presse — was die Oppositionsrolle der ÖVP anlangt — eher skeptisch beurteilt wurde, ist in Erklärungen von Politikern der ÖVP dagegen als Musterbeispiel der Oppositionsstrategie zu finden. Dabei scheinen die Rekordzahlen an Rednern und Debattenstunden mit der Effizienz der Aussagen nicht im Einklang zu stehen. Es ist vielleicht in der Öffentlichkeit zuwenig bekannt, daß die ÖVP-Fraktion des Nationalrates nach wie vor in drei Fraktionen zerfällt. Sie heißen „Arbeitsgemeinschaften“ und decken sich mit den Bünden der Volkspartei. Daß diese Arbeitsgemeinschaften auch durchaus eine gewisse Autonomie haben, geht daraus hervor, daß sie gewöhnlich vor Sitzungen des Abgeordnetenklubs getrennte Beratungen abhalten. Dafür gibt es eigene Räumlichkeiten im Parlament, wo die Bünde residieren.

Die Volkspartei will — so wurde es am Parteitag in Salzburg postuliert — nach außen hin als geschlossenes Ganzes auftreten, sicher eine Grundvoraussetzung für eine schlagkräftige Opposition, die darnach trachtet, an die Regierung zu kommen. Und gerade im Parlament müßte damit begonnen werden, an einem Ort der politischen Auseinandersetzung, wo jedes Detail der Argumentationen der Parteien durch die modernen Massenmedien bis ins letzte Tal hinein vermittelt wird. Dann wäre es vielleicht auch für die große Oppositionspartei möglich, gerade die Budgetdebatte im Nationalrat zu straffen, weil nicht von jedem Bund zu jedem Kapitel des Bundesvoranschlages soundso viele Redner sprechen müßten, sondern nur einige wenige Experten, als Exponenten der Gesamtpartei. Wie jetzt durchsickert, gab es bereits vor einigen Monaten von ÖAAB-Seite ein Reformpapier, das eine Vereinheitlichung des Parlamentsklubs der ÖVP vorschlug — allerdings blieb es ohne Erfolg: Es stieß in allen Bünden auf eisige Ablehnung. Ein innerparteiliches Tauziehen scheint es auch noch um die bereits erwähnten „Aktionsprogramme“ zu geben. In diesen Aktionsprogrammen sollen konkrete Durchführungspläne für bestimmte politische Schwerpunktprobleme unter Nutzanwendung des neuen Grundsatz-programmes erstellt werden. Und zwar möglichst in der ersten Jahreshälfte.

Doch was ist darüber zu hören? In parteiinternen Konferenzen wird erörtert, ob jeder Bund zu jedem Thema ein eigenes Aktionsprogramm erstellen soll oder nur an einem Programm der Gesamtpartei mitarbeiten.

Nur wenn es der Volkspartei 1973 — möglichst rasch — gelingt, in diesen für eine effiziente Oppositionspartei so lebenswichtigen Fragen zu einer einheitlichen Linie zu finden, wird man hinter dem Slogan „ÖVP

— Ihr Partner von morgen“ wirklich das Fragezeichen wegstreichen können.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung