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Pastoraler Notruf

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Berichte von einer Pressekonferenz der Linzer Superintenden-tur am 28. September 1987 ließen aufhorchen. Äußerungen, verkürzt und verzeichnet wiedergegeben, wurden zur Taktlosigkeit und ungerechten Anklage, die als besondere Verletzung des Wiener Erzbischofs und als falsche Beschuldigung der im ökumenisehen Gespräch Engagierten verstanden werden mußten.

Ein Entschuldigungsschreiben an den Wiener Erzbischof und eine klärende Stellungnahme des Evangelischen Pressedienstes (EPD) machten deutlich, daß dies nicht die Absicht war. In dieser Situation ist dem Salzburger Erzbischof Karl Berg für seine ausgewogene Stellungnahme besonders zu danken.

Im folgenden soll versucht werden, die bei der Pressekonferenz angesprochene Problematik stichwortartig aufzuzeigen.

Die Anfragen:

• Die Ermöglichung der gegenseitigen Teilnahme von katholischen und evangelischen Christen am Abendmahl beziehungsweise an der Kommunion der jeweils anderen Gemeinde.

• Die Erfüllung der Sonntagspflicht des Katholiken durch die Mitfeier des Gottesdienstes in der evangelischen Gemeinde.

• Die Zulassung von ökumenischen Gottesdiensten am Sonntagvormittag.

Diese Anfragen hatte auch Bischof Dieter Knall 1983 in seine Grußadresse an Papst Johannes Paul IL, die er vorher schriftlich nach Rom übermittelte, aufgenommen. Der Papst bedankte sich für diese „Anregungen“ und fügte hinzu: „Wir dürfen uns freuen, daß diese auf verschiedenen Ebenen schon weitgehend Gegenstand des ökumenischen Gespräches sind.“ Diese Antwort wird von vielen als unbefriedigend empfunden. Sie zeigt aber, daß die hier angesprochenen brennenden Fragen nur im großen ökumenischen Kontext zu lösen sind. Und hierin liegt die Crux. Die derzeitige Situation: Die vielen positiven Entwicklungen im ökumenischen Dialog über Kirche, Eucharistie und Amt j führten bis jetzt zu keinen pasto-ralen Konsequenzen.

Höhepunkte im persönlichen Leben oder im Leben der Kinder; lassen die Stellungnahme des „Alles oder Nichts“ schwer verständlich und für ihre sakramental geschlossene Ehe sehr belastend erscheinen. Häufig wird dann auf die „Straßburger Weisungen“ vom 30. November 1972 hingewiesen und dabei oft übersehen, daß man sich bei diesen primär seelsorglich bestimmten Weisungen der schwerwiegenden theologischen Implikationen bewußt war: — der Frage nach der Kirche, des Amtes, der Sakramente.

Viele kleine, oft sehr mühsame Schritte haben 1985 in Österreich zu der vor 25 Jahren wohl undenkbaren „Gemeinsamen Handreichung für Trauungen konfessionsverschiedener Paare“ geführt. Sie darf nicht zum Endpunkt werden. Vielmehr erwarten die Menschen, daß in großer Transparenz und Ehrlichkeit intensiv an den offenen brennenden Fragen weitergearbeitet wird, ohne Selbstgerechtigkeit und einseitige Forderungen.

Dieser pastorale Notruf darf nicht überhört, verdrängt oder mit einem „Kurzschluß“ beantwortet werden. Die negativen Folgen sind dann nicht absehbar. Ich meine, wir alle müssen lernen,; was es nach Gottes Willen heißt, „Einheit in Vielfalt“ und „Vielfalt in Einheit“ zu leben.

Die Autorin ist Vorsitzende der Diözesan-kommission für ökumenische Fragen.

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