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Pater Udo Kohlhaas
Wer gehofft hatte, der Paudorfer Friedensgruß zwischen Bischof Kurt Krenn und Pater Udo Fischer am 12. September 1993 habe den Konflikt in der Diözese St. Pölten entschärft, wird enttäuscht sein. Udo Fischer hat sein zu diesem Termin wohl schon sehr weit gediehenes Buch herausgebracht. Damit liegt nun einerseits endlich eine echte Dokumentation der wichtigsten Vorwürfe gegen Bischof Krenn auf dem Tisch, anderseits eine Anklageschrift, wie sie in jüngerer Zeit kaum ein Geistlicher über seinen Bischof verfaßt hat.
Das Buch ist nicht fehlerfrei, aber im Dokumentationsteil in den meisten Punkten wohl kaum zu widerlegen. Mehr schadet dem Anliegen des Autors der zeitweise angeschlagene polemische Ton. Hier kommt eine gewisse Michael-Kohlhaas-Mentalität zum Ausdruck, wie sie offenbar schon ein Vorfahre P. Udos an den Tag legte: 1758 gewann Mathias Fischer, Dorfrichter von Gramatneu-siedl, einen bis zum Kaiser gegangenen Prozeß in Kirchenfragen gegen den Bischof von Passau und den Pfarrer von Moosbrunn. Die Frage ist: Wer richtet heute, wer kann dabei gewinnen?
Fischers Wunsch nach einem neuen Diözesanbischof in St. Pölten steht kurzfristig sein eigenes Buch im Weg: Rom zieht in einer heißen Konfliktphase einen Bischof nicht so schnell ab. Auch in Chur blieb der umstrittene Diözesanbischof Wolfgang Haas bis heute im Amt, obwohl dessen Weihbischof Paul Vollmar vom Papst selbst erfuhr, Rom sei in diesem und etwa 40 ähnlichen Fällen vor der Ernennung durch Fehlinformationen „getäuscht” worden.
Einige kluge Bischofsernennungen der jüngsten Zeit signalisieren ein gewisses Umdenken des Vatikans, aber die „Hardliner” geben sich offenbar nicht geschlagen. Indizien dafür aus jüngster Zeit: der Nuntius in Mexiko betreibt die Absetzung des populären Bischofs Samuel Ruiz Garcia von San Cristobal, des Wortführers der wenigen „Progressiven” im mexikanischen Episkopat, und ausgerechnet der unumstritten „konservativste” deutsche Öberhirte, Erzbischof Johannes Dyba von Fulda, wurde in die für Bischofsernennungen zuständige römische Kongregation berufen. herr BISCHOF, ES REICHT!
Von Pater Udo Fischer. Edition Tau, Bad Sauerbrunn 1993. 248 Seiten, öS 298,-.
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