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Patt im Süden Afrikas

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Im Süden Afrikas rumort es. Die ehemaligen Kolonialländer kämpfen gegen ihre inneren und äußeren Krisen an.

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Im Süden Afrikas rumort es. Die ehemaligen Kolonialländer kämpfen gegen ihre inneren und äußeren Krisen an.

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Das südliche Afrika macht wieder blutige Schlagzeilen: 42 Tote beim Angriff einer südafrikanischen Einheit auf Lesotho, in Mocambique fliegt eine Erdölraffinerie in die Luft, der Grenzkrieg zwischen Angola und in Namibia stationierten südafrikanischen Truppen hält an. Seit August des Vorjahres hat er mindestens 1.200 Menschenleben gefordert. Die Lunte am Pulverfaß Südliches Afrika brennt weiter.

An einer Explosion dieses Pulverfasses kann wohl keiner der Beteiligten interessiert, sein. Denn alle Länder der Region haben mit ihren eigenen Problemen genug zu tun: die Südafrikaner mit der wachsenden Opposition im Lande, der sich zunehmend auch Weiße anschließen, die Einwohner von Namibia mit der Erreichung der seit langem versprochenen Unabhängigkeit und die ehemaligen portugiesischen Kolonien Angola und Mocambique mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Die Wirtschaftskrise hat die beiden Ex-Kolonien schon vor einiger Zeit einen Draht zum ehemaligen Mutterland sowie zu den USA finden lassen. Beide Staaten haben nach Staatsvisiten portugiesischer Spitzenpolitiker Handels- und Fischereiabkommen mit Portugal abgeschlossen.

Diesen wirtschaftlichen Kontakten mit dem Westen folgte nun ein innerafrikanischer Nord- Süd-Dialog. In der Vorwoche begannen in Komatepoort an der Grenze zwischen dem Apartheitstaat Südafrikanische Republik und der marxistischen Volksrepublik Mocambique, wo seit 1975 der ehemalige Frelimo-Führer Samora Machel regiert, Gespräche auf Regierungsebene. Die Regierung in Maputo teilte dazu nur mit, die Verhandlungen seien „ein Teil von Anstrengungen zur Wiederherstellung von Sicherheit und Frieden im Süden Afrikas.“

Der weitaus wichtigere Teil dieser Verhandlungen hatte bereits davor, am 7. Dezember, begonnen, als sich auf Sal, einer Insel im Kapverdischen Archipel, der südafrikanische Außenminister Pik Botha mit dem Innenminister Angolas, Alexandre Rodrigues, traf. Hier wurde die Lösung des gordischen Knotens der Region diskutiert: das Namibia-Problem.

Diese Verhandlungen haben eine kriegerische Vorgeschichte, die sich teils auf dem Schlachtfeld, teils auf dem diplomatischen Parkett abspielte. Der vom früheren UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim vorgelegte Plan für das von Südafrika verwaltete ehemalige Deutsch-Südwestafrika — er sah die Unabhängigkeit Namibias für das Jahr 1980 vor— ist noch immer Makulatur.

Namibia befindet sich noch immer unter der Herrschaft Südafrikas, das von Namibia aus auch des öfteren Angriffe gegen das benachbarte Angola führt: zur Zerstörung von Stellungen der SWAPO, der südwestafrikanischen Befreiungsbewegung, wie es dazu offiziell in Pretoria heißt.

Die Durchführung des Waldheim-Plans scheint unterdessen immer unwahrscheinlicher: Südafrika verlangt den Abzug der etwa 30.000 kubanischen Soldaten, die sich in Angola befinden, und will erst dann Namibia die Unabhängigkeit gewähren, wenn der letzte Kubaner afrikanischen Boden verlassen hat. Angola argumentiert seinerseits, es benötige die Kubaner zur Sicherung seiner Grenze gegen die in regelmäßigen Abständen einfallenden Südafrikaner. Die Angolaner würden die Kubaner erst nach der Unabhängigkeit Namibias und der Entfernung der südafrikanischen Soldaten von der Grenze nach Hause schicken. Ein Patt also, bei dem keiner der Beteiligten zum nächsten Zug bereit ist.

Zur Vermittlung hat sich auch der portugiesische Staatspräsident Antonio Ramalho Eanes angeboten. Der Vorschlag des Generals, der Angola und Mocambique nicht nur durch Einsätze im Kolonialkrieg, sondern auch durchaus friedlich, durch Staatsvisiten kennt: portugiesische Soldaten sollten als Teil einer internationalen Friedenstruppe die Grenze zwischen Namibia (Südafrika) und Angola sichern.

Eine späte Wiedergutmachung der ehemaligen Kolonialmacht, die freilich schon wegen der wirtschaftlichen Beziehungen an einem Frieden in Angola interessiert ist, aber auch der rund 350.000 Afrika-Portugiesen wegen, ihre frühere Heimat zurückkehren wollen.

Doch die „trincheira firme da evolucao em Africa“ — „das ollwerk der afrikanischen Revolution“ —, wie sich Angola bei offiziellen Anlässen gerne nennt, ist auch im Inneren bedroht. Die Einheitspartei, die marxistische MPLA, die als stärkste Befreiungsbewegung 1975 die Macht in Luanda übernommen hat, ist nach wir vor nicht unumstritten.

Nach einem Korrespondentenbericht in der rechtsgerichteten Lissabonner Zeitung „O Tempo“ im Herbst soll die prowestliche UNITĄ unter ihrem Führer Jonas Savimbi mit beträchtlicher Unterstützung durch Südafrika einen großen Teil des Südens, vor allem das Hochland um das ehemalige Nova Lisboa dominieren. Die rund 20.000 Kämpfer der UNITĄ sollen so stark sein, daß sie den Regierungstruppen ohne die Unterstützung durch die Kubaner gefährlich werden könnten.

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