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Peres unter Zugzwang

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Die Friedensverhandlungen mit Ägypten und Jordanien sind steckengeblieben. Jetzt schlägt Israel einen „Marshallplan" für Nahost mit Beteiligung der EG-Länder vor.

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Die Friedensverhandlungen mit Ägypten und Jordanien sind steckengeblieben. Jetzt schlägt Israel einen „Marshallplan" für Nahost mit Beteiligung der EG-Länder vor.

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Während Ministerpräsident Shimon Peres die diversen Staatsbesuche in Holland, England und der Bundesrepublik Deutschland absolviert, gärt es in Ägypten weiter. Das vom israelischen Kabinett beschlossene Verhandlungspaket mit Ägypten war zwar von den Israelis verabschiedet, doch von den Ägyptern nur teilweise angenommen worden.

Es stellte sich heraus, daß die interne Lage von Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak viel schwieriger ist als der von

ihm erweckte Anschein. Ägyptens Opposition ist zwar verhältnismäßig klein, doch lautstark und macht sich die allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung zunutze. Die fundamentalistische Opposition von rechts und die linksaußenstehende Opposition machen gemeinsame Sache, um mit allen Mitteln Mubarak von seiner Positionzu verdrängen.

Aus diesem Grund, um stark und unnachgiebig zu erscheinen, ist Mubarak auch nicht dazu bereit, ohne weiteres die israelischen Bedingungen zu akzeptieren.

Um keine Verzögerung in dem begonnenen Friedensprozeß eintreten zu lassen, wurde in letzter Minute ein israelisches Verpflichtungsschreiben für ein internationales Schiedsgericht ausgearbeitet, welches das Los des ein Quadratkilometer großen Landzip-

fels Taba zu entscheiden hat, um diesen Zankapfel zwischen Israel und Ägypten aus dem Weg zu schaffen. Ein Sonderbotschafter wurde zu dem in London weilenden Shimon Peres geschickt, damit Peres das Dokument bestätigt. Daraufhin begab sich der Minister ohne Geschäftsbereich, Ezer Weizman, nach Kairo, um von Hosni Mubarak das Dokument gegenzeichnen zu lassen.

Weizman traf sich mit Mubarak in der Hoffnung, ein Gipfeltreffen zwischen den israelischen und ägyptischen Staatsoberhäuptern zu vereinbaren. In Jerusalem nimmt man an, daß innerhalb von 14 Tagen solch ein Treffen stattfinden wird.

Während des Auslandsbesuches von Peres konnte der amerikanische Unterhändler Richard Murphy zwischen König Hussein, der in London Urlaub machte, und dem in Den Haag weilenden Shimon Peres hin und her pendeln und den Anschein erwecken, als würde wirklich ein "wichtiges Treffen zwischen König Hussein und Shimon Peres zustande kommen. Allerdings war es dafür viel zu früh. Einen Tag vor Eintreffen von Peres reiste König Hussein von London ab, und bis heute ist nicht klar, warum Murphy seinen Pendelverkehr zwischen Amman und Jerusalem aufgenommen hat, statt fünfmal nach Mitternacht Shimon Peres in seiner Residenz zu treffen.

Man diskutierte über Einzelheiten, die jedoch alle von Yassir Arafats „Ja-Wort" an König Hussein abhingen. Arafat sollte die beiden UNO-Resolutionen, was

die Palästinenser betrifft, anerkennen und sich vom Terror gegen Israel distanzieren. Dann hätte er auch das Recht, an Verhandlungen mit Israel teilzunehmen.

Arafat sagte „nein". Er berief sich auf die russischen Freunde, die ähnlich wie er der Ansicht sind, daß solch ein Verzicht von Seiten Arafats, der nicht mit einer vorsorglichen Anerkennung der PLO seitens der USA und Israels verbunden ist, ihm den Boden unter den Füßen wegziehen würde.

Die Sowjetunion fordert auch einMitspracherecht, und zwar sollen die Friedensverhandlungen zwischen Israel und Jordanien in einem internationalen Rahmen geführt werden, bei dem abwechselnd die Sowjetunion und die USA den Vorsitz haben sollen. Israel wäre sogar bereit, diese Forderung anzunehmen, doch ergibt sich immer noch die Frage der Zusammensetzung der palästinensisch-jordanischen Delegation, denn Israel will weder Arafat noch andere PLO-Mitglieder, die den Terror gegen Israel propagieren, an den Verhandlungen teilnehmen lassen.

Langsam könnte man zu dem Schluß gelangen, daß Peres zwar viel Staub aufwirbelt, doch die Nahost-Friedensverhandlungen

im Schlamm steckengeblieben sind.

Shimon Peres hat es eilig. Im Oktober dieses Jahres ist die Rotation zwischen ihm und seinem Stellvertreter von der rechtsgerichteten Likud-Fraktion, Ytz-hak Shamir, fällig. Dann ist es mit den Friedensinitiativen vorbei, wenn Shamir an die Macht kommt, da er gegen jeglichen Gebietsverzicht ist.

Peres hat seinen Optimismus nicht verloren und versucht trotz der Hindernisse in Europa einen Marshallplan für den Nahen Osten zu propagieren. Peres glaubt durch wirtschaftliche Kooperation die Grundlage zu Friedensverhandlungen mit den arabischen Staaten zu schaffen. Da durch die Ölkrise die Wirtschaftslage der meisten arabischen Länder katastrophal wird, schlägt Peres den USA und den EG-Ländern vor, einen gemeinsamen Marshallplan auszuarbeiten und durch wirtschaftliche Zusammenarbeit die Lage der Nahostländer zu sanieren.

Israel will den Anfang machen mit der Bildung eines Investitionsfonds unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland und Israel. Wissenschaftler der beiden Staaten sollen die Infrastruktur der Nahostländer neu planen, um sie später neu zu gestalten.

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