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„Pferdefuß“

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PLO-Chef Jassir Arafat verpflichtete seine Anhänger vor einigen Monaten: „Wenn ich nicht mehr kämpfen will, müßt ihr mich töten“. Der „El-Fatah“-Anführer scheint damals schon, besser als das Gros seiner Getreuen, über den zu erwartenden Druck der Supermächte und der Araberstaaten auf die palästinensische Widerstandsbewegung im Bild gewesen zu sein. Sowjetische diplomatische Kreise im Nahen Osten versichern seit seinem letzten Aufenthalt in Moskau, die Sowjetregierung habe ihre weitere Unterstützung für die Palästinenser eindeutig von deren<-Zustimmung izur'Gründung eines Palästinastaates auf dem Westufer und im Gazastreifen abhängig gemacht. Der Beschluß der arabischen Gipfelkonferenz von Algier, die PLO sei die einzige rechtmäßige politische Vertretung aller Palästinenser, wird von den beteiligten Regierungen übereinstimmend als Auftrag zur Bildung einer Exilregierung mit dem Ziel direkter Verhandlungen mit Israel ausgelegt.

Arafat sprach sich seitdem mehrfach für eine „realistische Politik“ und die „Anerkennung bestehender Tatsachen“ aus. Er bekam dabei Schützenhilfe von extremen Linksgruppen. Doch die Bildung einer Exilregierung blieb, obwohl mehr als achtzig Staaten, unter ihnen Frankreich, zu ihrer diplomatischen Anerkennung bereit wären, bislang aus. Weitsichtige PLO-Führer wünschen nämlich keine weitere direkte Konfrontation mit dem jordanischen König Hussein. Gerade sie wäre aber unvermeidlich, würde jetzt eine palästinensische Staatsbildung angekurbelt.

Ein Beiruter Beobachter, selbst Araber, zieht aus den geschilderten Gegensätzen und Übereinstimmungen, die quer durch alle Lager gehen, folgende Schlüsse: Die Araberstaaten, allen voran Ägypten, seien kriegsmüde und wollten sich endlich auf die eigene innere Entwicklung konzentrieren. Dieser Wunsch sei der Vater ihrer Zustimmung zu dem arabischen „Disengagement“ in der Palästinafrage. Dies und nichts anderes, vor allem nicht die Bereitschaft zum endgültigen Friedensschluß, verrieten die Beschlüsse von Algier. Der Pferdefuß jeder Friedensregelung sei die Palästinafrage. Selbst ein international garantierter Frie-densvertrag zwischen den Arabern und Israel garantiere noch keinen echten Frieden. Der Palästinastaat werde ganz zwangsläufig revanchistische Züge tragen. Aus den Äußerungen und Handlungen der Freischärler könne man schließen, daß ein solcher Staat es als sein vorrangigstes außenpolitisches Ziel betrachten würde, das Königreich Jordanien in sich aufzusaugen.

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