6927613-1982_17_05.jpg
Digital In Arbeit

Pfiffe aus dem letzten Loch

19451960198020002020

Der Haushaltsplan 1982 wurde mit „Sparbudget" übertitelt. Er ist aus den Fugen geraten. Das bringt Finanzminister Herbert Salcher auf immer neue Finanzierungsideen.

19451960198020002020

Der Haushaltsplan 1982 wurde mit „Sparbudget" übertitelt. Er ist aus den Fugen geraten. Das bringt Finanzminister Herbert Salcher auf immer neue Finanzierungsideen.

Werbung
Werbung
Werbung

Zu Jahresbeginn bot Finanzminister Herbert Salcher dem ÖVP-Bundesobmann Alois Mock die Wette an, daß das Budgetdefizit im laufenden Jahr keineswegs die 60-Milliarden-Schilling-Grenze übersteigen werde. Der Finanzminister hat diese Wette längst verloren und es ist heute nur noch die Frage, ob es ihm gelingen wird, das Defizit unter der 70-Mil-Liarden-Schilling-Grenze zu halten. Die Aussichten dafür sind eher ungünstig, weil sich zunächst die Hoffnungen auf einen Konjunktur-Frühling nicht erfüllt haben und auch im Herbst mit keiner kräftigen Konjunktur-Belebung gerechnet werden kann.

Der Finanzminister aber steht dann vor dem Dilemma, ein Budget für das Wahljahr 1983 vorzulegen, in dem nicht schon wieder ein Rekorddefizit von 75 oder noch mehr Milliarden Schilling ausgewiesen wird. Die Republik Osterreich stößt bei der Finanzierung solcher Fehlbeträge im In- und Ausland auf immer größere Schwierigkeiten; der gute Ruf einer „ersten Adresse" ist angekratzt, die Kreditkonditionen werden zudem immer schlechter.

Probleme hatte zuletzt die Stadt Wien mit der beabsichtigten Plazierung einer 1,7-Milliarden-Schilling-Anleihe im Inland; der Kreditapparat hielt die zehnpro-zentige Verzinsung für ungenügend und die Anleihe damit für schwer verkäuflich. Am Ende mußte das Anleihevolumen auf 900 Millionen Schilling zurückgenommen werden.

Finanzminister Salcher weiß das und steht unter dem wirtschaftlichen und politischen Druck, aus der Budget- und Finanzierungsmalaise herauszufinden, die es aufgrund der offiziellen Regierungs-Propaganda gar nicht geben darf.

Zunächst behalf er sich damit, Notenbank-Geld flüssig zu machen; erst für die Kreditfinanzierung von „Top"-Investitionen, zuletzt zur Sanierung der österreichischen Länderbank. Ist auch die „Schamgrenze" bereits überschritten, so will sich die oberste Währungsbehörde gegen die Inanspruchnahme weiterer Notenbank-Gelder entschieden querlegen. Ein Kauf des bundeseigenen Hauptmünzamtes steht ihr gleichfalls nicht im Sinn, das hat Salcher schon in zahlreichen Vorgesprächen mit Vertretern der obersten Währungsbehörde erfahren müssen.

Seine im Verlauf seiner Japan-Reise offiziös ausgesprochene Verkaufsabsicht hat er, in Wien grad angekommen, als „oberflächliche Äußerung" abgetan. So kurios diese Überlegung auch ist, erst sein beiläufiger Rückzug brachte ihn ins Schußfeld der Öffentlichkeit, zumal er plötzlich auch keine konkreten Vorstellungen über den Preis und über die Umsetzung des „Münzregals" haben wollte.

Salcher, so heißt es im Finanzministerium, sei durch seinen persönlichen Berater, den Privatbankier Simon Moskovics, auf diese Idee gebracht worden. Moskovics besitzt das Bankhaus Winter und hat sich während der Anfänge des Ost-West-Handels nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs große Verdienste um die österreichische Wirtschaft erworben.

Seinerzeit brachte es Moskovics zur wahren Meisterschaft in der Kunst, im Rahmen des „Switch"-Geschäftes Ost- in Westdevisen umzutauschen. Dafür wurde Moskovics eine Art Monopol auf den Zwischenhandel der vom Hauptmünzamt geprägten österreichischen Goldmünzen zuerkannt.

Für den Bund ist das Hauptmünzamt eine sichere Einnahmenquelle von rund 1,7 Milliarden Schilling pro Jahr. Auf diese sichere Einnahme zu verzichten wäre für den Bund selbst dann ein schlechtes Geschäft, wenn es ihm dadurch gelänge, seine Budgetmisere kurzfristig zu verdecken.

Nicht minder problematisch ist die Ankündigung Salchers, eine „Steueramnestie" zum „Reinwaschen" von „schwarzen Geldern" zu erlassen. Ähnliches hatte schon sein Amtsvorgänger Hannes Androsch im Herst 1979 vorgeschlagen, war dabei allerdings vorsichtig genug, keine Vorstellungen über die Höhe der erwarteten zusätzlichen Einnahmen zu nennen und überdies die Einbringung dieses Vorschlags auf die Steuerkommission abzuschieben. Die paritätisch besetzte Steuerkommission war jedoch seinerzeit dazu nicht bereit. .

Tatsächlich ist der Amnestievorschlag nicht mehr als eine Au-genauswischerei. Einmal genügt eine Selbstanzeige, um einer Finanzstrafe zu entgehen, das ande-remal ist der Anreiz, bei einer Amnestie einer Nachversteuerung zu entkommen, in Rezessionszeiten sehr gering einzuschätzen.

In den Interessenvertretungen der Wirtschaft kann man sich nicht vorstellen, daß sich Unternehmer in den letzten Jahren angesichts der wirtschaftlichen und steuerlichen Situation „schwarzes Geld" zur Seite legen konnten, Wirtsehaftstreuhänder meinen, daß bei den meisten Unternehmen, Steuerhinterziehungen praktisch auszuschließen seien und auch in der Arbeiterkammer hegt man wenig Hoffnung, damit die Staatskasse füllen zu können. Salcher dagegen rechnet mit Mehreinnahmen von 15 und mehr Milliarden Schilling.

Die Arbeiterkammer ließ sich jedenfalls im Jahr 1979 nicht dazu herbei, über ihren Vertreter in der Steuerreformkommission den Antrag auf eine Steueramnestie zu stellen. Dagegen vertrat Gottfried Mold, Leiter der Abteilung Steuerrecht in der Arbeiterkammer, schon damals die Meinung, daß nur die Abschaffung anonymer Sparbücher und die Einführung der Quellensteuer eine „völlig saubere Lösung" wäre.

Zu Jahresbeginn hat Finanzminister Salcher die Einführung der Quellensteuer für die nächste Legislaturperiode ziemlich bestimmt angekündigt. Vielleicht will er mit einer Steueramnestie ab 1. Jänner 1983 diesen Plan psychologisch vorbereiten. Nach den in der letzten Zeit bekannt gewordenen Verletzungen des Bankgeheimnisses durch amtliche Steuerfahnder wäre das sicher der falsche Weg, die Österreicher zum Sparen im eigenen Land zu veranlassen. Er schafft damit kein Vertrauen in die eigene Währung — weder im In- noch im Ausland.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung