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Phase neuer Hoffnung nach Zeit der Verwirrung

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Bei einer deutschen Pressekonferenz im Campo Santo in Rom meinte ein Journalist, das Thema dieser Synode behandle ein rein innerkirchliches Thema, es enthalte für die Journalisten keine wirklich interessanten und aufregenden Fragen. Er fragte, ob es nicht doch wichtigere und aktuellere Anliegen gäbe, die auf einer Synode behandelt werden sollten. Ich wagte zu antworten, daß sich die Kirche in der Wahl der Themen wohl nicht von rein journalistischen Rücksichten leiten lassen könne, sondern Fragen, auch rein innerkirchliche Fragen, aufgreifen müsse, die von brennend aktueller Bedeutung sein können, wie es gerade für „die Katechese in unserer Zeit unter besonderer Berücksichtigung der Kinder- und Jugendkatechese“ zutreffe.

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Bei einer deutschen Pressekonferenz im Campo Santo in Rom meinte ein Journalist, das Thema dieser Synode behandle ein rein innerkirchliches Thema, es enthalte für die Journalisten keine wirklich interessanten und aufregenden Fragen. Er fragte, ob es nicht doch wichtigere und aktuellere Anliegen gäbe, die auf einer Synode behandelt werden sollten. Ich wagte zu antworten, daß sich die Kirche in der Wahl der Themen wohl nicht von rein journalistischen Rücksichten leiten lassen könne, sondern Fragen, auch rein innerkirchliche Fragen, aufgreifen müsse, die von brennend aktueller Bedeutung sein können, wie es gerade für „die Katechese in unserer Zeit unter besonderer Berücksichtigung der Kinder- und Jugendkatechese“ zutreffe.

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Nach Abschluß der Synode ist daher die Frage berechtigt: War das Thema richtig gewählt? Hat die Synode damit ein wirklich aktuelles Anhegen aufgegriffen? Zu welchem Ergebnis ist die Synode gekommen?

Das Ergebnis der Generaldebatte und der elf nąch Sprachen gegliederten Arbeitsgruppen wurde in 34 ausgearbeiteten Vorschlägen zusammen- gefaßf, die an den Papst weitergegeben werden mit der Bitte, zu gegebener Zeit ein päpstliches Dokument über die christliche Unterweisung durch die Katechese herauszugeben, so wie es nach der dritten Synode 1974 über die Evangelisierung in der Welt von heute geschehen ist. Diesen Vorschlägen sind in einem Idex 38 Untertitel angeschlossen, die in dem päpstlichen Dokument nach Wunsch der Synodalen Berücksichtigung finden-sollen.

Die Synode selbst hat mit Gutheißung des Papstes als Abschluß ihrer Arbeiten eine „Botschaft an das Volk Gottes“ gerichtet, um in drei kurzen Abschnitten allen gläubigen Menschen die wichtigsten Ergebnisse der Beratungen mitzuteilen. In dieser Botschaft und in den Vorschlägen, die an den Papst weitergeleitet werden, kommt klar zum Ausdruck, daß es sich bei der Katechese um die geordnete Weitergabe des Wortes Gottes handelt, die sich in einer systematischen Erziehung im Glauben und in einem andauernden Reifungsprozeß des Glaubens vollzieht. Es geht um eine besondere Form der Erfüllung des Auftrages Christi, der ganzen Welt die Heilsbotschaft zu vermitteln. Dieser Auftrag muß für alle Zeiten als der wichtigste gelten, seine Erfüllung ist und bleibt ein immer neu verpflichtendes brennendes Anliegen der Kirche.

In ihrer Botschaft an das Volk Gottes bemühen sich die Bischöfe um eine realistische Einschätzung der Situation in der heutigen Welt und wenden ihre besondere Aufmerksamkeit den Problemen der Jugendlichen zu. Es wird betont, daß das Verlangen der Jugend nach Kreativität, Gerechtigkeit, Freiheit und Wahrheit Ausgangspunkt jeder erzieherischen Tätigkeit, also auch der Katechese sein muß. Der Erfüllung dieser Aufgabe stellen sich aber weltweit große Schwierigkeiten entgegen, ja in vielen Ländern kann der Auftrag zur Katechese nicht in Freiheit durchgeführt werden. Entweder wird die Katechese durch unerträgliche Beschränkung behindert oder die Ausübung der fundamentalsten Menschenrechte, im besonderen das Recht auf Religionsfreiheit, vollständig unterdrückt. „Keine Macht in der Welt aber darf die Menschen daran hindern, die Wahrheit zu suchen, sie in Freiheit anzunehmen und in ihrer Fülle zu erkennen.“ Mit der Verteidigung des Rechtes auf katechetische Unterweisung verteidigt die Kirche eine fundamentale Freiheit des Menschen, die sich aus der Natur und Würde der menschlichen Person ergibt.

Als besonderes Anliegen einer neuzeitlichen Katechese wird die „Inkulturation“ des Glaubens bezeichnet. Die christliche Botschaft muß in den menschlichen Kulturen Wurzeln schlagen, um sie anzunehmen, weiterzuentfalten und zu inspirieren. Der Glaube muß sich in die Kulturen in- kamieren. Es geht dabei nicht um bloß oberflächliches Anpassungen, es geht vielmehr um eine Erneuerung der Katechese, die tatsächlich Verkündigung der frohen Botschaft in voller Treue zur authentischen Wahrheit sein will. Es überrascht nicht, daß das Anliegen der Inkulturation vor allem von den afrikanischen Bischöfen immer wieder aufgegriffen wurde.

Aufgabe der Kirche ist es, allen Menschen das Heil in Christus zu verkünden und auf die Verwirklichung des Evangeliums hinzuwirken. Die Person Christi, vor allem seine Menschwerdung, sein Tod und seine Auferstehung müssen Zentrum dieser Verkündigung sein. Das gilt auch für die Katechese als einer ganz bestimmten Form der Erfüllung des Verkündigungsauftrages. Christus ist Fundament unseres Glaubens und Quelle unseres Lebens. Insofern es der Katechese gelingt, in dieses Christusgeheimnis als der lebendigen Mitte christlichen Lebens einzuführen und zum Bekenntnis des Glaubens zu befähigen, bewahrt sie ihre Treue Gott und dem Menschen gegenüber.

Alles katechetische Tun hat zum Ziel, die Menschen in Christus zu einer glaubenden Gemeinschaft zu verbinden, die in Treue zum Wort Gottes, im Glaubensbekenntnis und im sakramentalen und liturgischen Leben der Kirche ihren sichtbaren Ausdruck findet. Katechese muß zum Zeugnis befähigen, muß die gläubige Gemeinde als eine Gemeinschaft von Menschen ausweisen, die heute die Geschichte des Heiles verwirklicht. Katechetische Glaubensunterweisung muß der Welt von heute zeigen, daß sich in der gläubigen Gemeinde das Wort Jesu verwirklicht: „Die Wahrheit wird euch freimachen“, daß nur seine Botschaft wirklich Heil bringt und die Menschen von Gewalt, Ungerechtigkeit und Egoismus befreit. Darauf haben die lateinamerikanischen Bischöfe besonders oft hingewiesen.

Katechese ist eine Aufgabe von vitaler Bedeutung für die Kirche. Sie muß daher als gemeinsame Aufgabe aller in der Kirche gesehen werden, sie kann nur in Gemeinschaft vollzogen und erfüllt werden. Daß der Familie als der

„ersten Gemeinde“, der Pfarre und der Schule eine besondere Bedeutung zukommt, liegt auf der Hand. Es werden aber auch die neuen kleineren Gemeinschaften, Basis- und charismatische Gruppen, nicht übersehen, die heute für die Kirche eine Chance darstellen, denn sie können als neuer Ort der Kateche Sauerteig sein in einer Welt im Umbruch.

Damit diese verantwortungsvolle Aufgabe der Kirche in bestmöglicher Weise wahrgenommen werden kann, bedarf es der Zusammenarbeit aller im katechetischen Dienst Engagierten mit dem Bischof, der auch für die Ausbildung und Koordinierung des gesamten katechetischen Wirkens in seiner Diözese zu sorgen hat.

Die Bischöfe schließen ihre Botschaft an das Volk Gottes mit einem Dank an alle Priester, Diakone, Ordensleute, Männer, Frauen und Jugendlichen, die sich im Dienst der Katechese einsetzen; sie schließen in diesen Dank auch alle Eltern mit ein, die ihre Kinder in der Furcht und Liebe Gottes erziehen, und alle Gemeinden, die im Geiste christlicher Brüderlichkeit ein kostbares Zeugnis des Lebens geben.

Kardinal Pironio, der Präfekt der

Religionsenkongregation, hat die Grundhaltung, von der die ganze Synode getragen war, in die Worte gekleidet: „Es gibt gewiß viel Negatives und Bedrückendes in der Welt von heute, aber es gibt auch daę Erfreuliche und Beglückende: die Sehnsucht nach Vertiefung des Glaubens, nach intensiverem Gebetsleben, es gibt die Ganzhingabe an Gott im Priester- und Ordensberuf. Die religiösen Gemeinschaften tragen den Geist der Wahrheit, der Liebe und des Friedens auch in die heutige Welt hinein.“

So können die Bischöfe, ohne Schwierigkeiten zu übersehen, die sich der Glaubensunterweisung in aller Welt entgegensetzen, dennoch mit großer Zuversicht in ihre Heimatdiözesen zurückkehren, weil nach einem Wort des Römerbriefes „die Hoffnung nicht trügen kann. Denn , die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns verliehen wurde.“

Es scheint diese Synode nach einer Zeit postkonziliarer Verwirrung eine neue Phase im Leben der Kirche anzuzeigen, die nichts mit Resignation zu tun hat, sondern neue Hoffnung und Lebendigkeit ausstrahlt - gewiß nicht die schlechteste Frucht der Synode.

Die Kirche will sich in einem „Jahr der Familie 1978“ besonders um diese Thematik annehmen. Die Familie hat sich in ihrer Struktur, ihren Aufgaben, im Rollenverständnis von Ehepartnern und Eltern stark gewandelt. Was meinen wir, wenn wir „Familie“ sagen?

• Ist es die Großfamilie (Eltern, viele Kinder, Großeltern und Verwandte), die in früheren Zeiten die Normalfprm gewesen sein soll und in der angeblich alles funktioniert hat?

• Ist es die Kleinfamilie der Gegenwart (Eltern und ein oder zwei Kinder), die sich in allen Lebensäußerungen so verhält, wie Werbung und Politik es ihr vorschreiben?

• Ist es die kranke oder gescheiterte Familie, die unfähig ist, ihren Aufgaben gerecht zu werden und die für Ehepartner und Kinder ein Anlaß zur Frustration, eine Quelle für Neurosen ist?

• Oder ist es die Familie, die von der personalen Liebe geprägt ist, in der heutigen Gesellschaft ihren Weg sucht, dem einzelnen Geborgenheit gibt, ihm die Entfaltung seiner Persönlichkeit ermöglicht, für die er aber auch bereit ist, ein hohes Maß an persönlichem Engagement einzubringen, damit diese Gemeinschaft auf Dauer Bestand hat und Belastungen aushal- ten kann?

Es wäre wert, die Aufgaben, die die Familie in der Zukunft zu erfüllen hat, zu formulieren. Sie hat sicherlich manche Aufgaben an andere Institutionen abgegeben, dafür fallen ihr neue zu. Werden zu hohe Erwartungen in sie gesteckt, wird sie überfordert und dadurch mutlos? Wieviele Eltern resignieren schon bei der Erziehung ihrer Kinder, weil man von ihnen zuviel erwartet, ohne ihnen die entsprechende Hilfe zu geben?

Ist die Familie überflüssig geworden? Hat sie überhaupt noch Aufgaben zu erfüllen?

Trotzdem: Es gibt keine halbwegs gleichwertige Alternative! Alle Versuche (etwa in Kommunen) sind nach kurzer Zeit gescheitert Im Gegenteil: Die Familie wird von immer mehr Seiten neu entdeckt und ihr Wert für die seelische Gesundheit des einzelnen und der Gesellschaft betont.

Soll das erreicht werden, wird es notwendig sein, ohne romantische Schwärmerei, unter Bedachtnahme auf die gesellschaftlichen Verhältnisse, ausgehend von der Botschaft des Evangeliums, die Aufgaben der Familie neu zu formulieren, ihr jene Aufgaben zuzuweisen, die ihr in Gegenwart und Zukunft zukommen und die sie auch zu erfüllen vermag. Dann aber muß sie auch von Staat, Gesellschaft und Kirche jene Stützung erfahren und alle Hilfen erhalten, die sie befähigen, diese Aufgaben zu erfüllen. Wenn Familien manche ihrer Aufgaben nicht oder nur imzureichend erfüllen können, sollen diese nicht zuerst von anderen Institutionen übernommen werden; man muß vielmehr Maßnahmen setzen, die die Familie selbst zur besseren E rfüllung ihrer Aufgaben befähigen.

• Die Minderheitenprobleme in Kärnten müßten gewaltfrei gelöst werden, forderte Dr. Hildegard Goss-Mayr im Rahmen eines Seminars, das die „Aktion Kärntner Christen“ für die Verständigung der Volksgruppen im Kloster Wernberg (Kärnten) veranstaltete. Der Dialog müßte in Stufen vor sich gehen:

• Die Wahrheit des Gegners aufdecken - die Trennungslinie zwischen Gut und Böse verläuft nicht zwischen Menschen und Gruppen, sondern durch jeden Menschen.

• Die eigene Mitschuld am Konflikt aufdecken und eingestehen, selbst dann, wenn es sich nur um die bisher geübte Passivität handelt; dasEingeständnisder eigenen Mitschuld baut die Vorurteile des Gegners ab und öffnet ihm zur Einsicht in die Situation des Unrechts.

• Das Unrecht, das vorliegt, aufzeigen und verurteilen - unter Achtung der Person des Gegners - und realistische Forderungen ein- bringen.

• Konstruktive Vorschläge zur Lösung des Problems und für die eigene Mitarbeit an der Lösung einbringe n.

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