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Physik für Niditphysiker

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Die moderne Physik ist für viele immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Doch ist es notwendig, darüber mehr als ein paar Schlagworte zu wissen, um das naturwissenschaftliche Weltbild unseres Jahrhunderts wenigstens in seinen Grundzügen zu verstehen. „Humanistisch“ Geschulte haben es da gegenüber den „Realisten“ etwas schwerer. Um so wertvoller ist eine Einführung in die Problematik der Physik, wie sie dieser „Querschnitt der Forschung“ (so der Untertitel des Buches) darstellt.

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Die moderne Physik ist für viele immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Doch ist es notwendig, darüber mehr als ein paar Schlagworte zu wissen, um das naturwissenschaftliche Weltbild unseres Jahrhunderts wenigstens in seinen Grundzügen zu verstehen. „Humanistisch“ Geschulte haben es da gegenüber den „Realisten“ etwas schwerer. Um so wertvoller ist eine Einführung in die Problematik der Physik, wie sie dieser „Querschnitt der Forschung“ (so der Untertitel des Buches) darstellt.

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Man greift also voll Erwartung mach diesem Band und tut sich, offen gesagt, ein bißchen hart. Der Herausgeber, Hoimar von Ditfurth, Wis-sencvchaftsjcurnalist und bekannter deutscher Fernsehrnoderator, ist von Beruf Arzt. Die hier zusamen.angestellten Beiträge wunden usprüngiliöh für die Zeitschrift ,,w + m“ (Naturwissenschaft und Medizin) geschrieben, mit dem Ziel, Ärzten Informationen über Fortschritte und Entwicklungen in den naturwissenschaftlichen Fachbereichen außerhalb ihrer Disziplin zu geben. Das merkt man dem Buch an. Ks setzt doch etwas mehr an naturwissenschaftlichen Grundkenntnissen voraus, als sie der durchschnittliche Laie mitbringt.

Doch sollte man sich davon nicht abschrecken lassen, diesen Band zu lesen und sich damit auseinanderzusetzen, auch wenn es keine leichte Sommenlektüre für die Hundstagehitze ist, sondern mehr für geruhsame (Urlaubs-)Mußestunden geeignet. Es geht ja nicht um Faohfnagen, es geht vor allem bei der Erläuterung der Relativitätstheorie Albert Einsteins — wohl dem grundlegenden Abschnitt — wirklich um die Einführung in das Weltbild des 20. Jahrhunderts, mit dem wir leben und leben müssen — denn in der Naturwissenschaft gibt es keine Flucht in die „gute alte Zeit“.

Die Gegenüberstellung von moderner und „klassischer“ Physik ist sehr instruktiv herausgearbeitet, und ebenso ist klargestellt, daß die klassische Physik durch Einstein nicht aufgehoben ist, sondern daß- lediglich die beschränkten Grenzen ihrer Gültigkeit bewiesen wurden, als „spezielle Theorie für durchschnittliche (indische!) Bedingungen im Bereich kleiner Geschwindigkeiten und mittlerer Entfernungen“ (Seite 36). Im Bereich kosmischer Distanzen und in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit 'gilt sie nicht mehr, ebenso wie im atomaren Inneren der Materie (siehe das Kapitel über den Bedeutungswandel des Begriffs „Elementarteilchen“).

Interessantes liest man über das „Perpetuum mobüe“, diesen uralten Wunschitraum menschlichen Erfln-dungsgeistes, der, nie verwirklicht werden konnte — und wahrscheinlich auch niemals verwirklicht werden wind.

„Der kalkulierte Zufall in der Physik“ handelt über die Bezishun-gen von naturgesetzlicher Determiniertheit und Zufallsgeschehen im Kosmos. Die moderne Forschung (hat erkannt, ctaiß in den exakten Naturwissenschaften mit ihrer strengen Logik und objektiven xJetnach-fjungsweise der „Zufall“ seinen respektierten Bereich hat. Dagegen sträubten sich noch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts viele bedeutende Naturwissenschaftler hartnäckig. Von Einsteins Ausspruch „Gott würfelt nicht“ — dieses oft gebrauchte Zitat ist nicht ganz exakt und wird hier authentisch verifiziert •— ging 'man aus., Aber gerade die auf Grund der neuen Erkenntnisse weitengeführten Experimente erbrachten den Beweis, daß die „Würfel Gottes“ sehr wohl im Spiel sind. Am weitesten geht hier Pascual Jordan, wenn er sagt: „In jedem Einzelfalle gibt es Wahlfreiheit — man kann, wenn ein einzelnes Atom einmal einem bestimmten Experiment unterworfen wird, niemals vorher wissen, welche der gebotenen Reaktionsmöglichkeiten gerade in diesem Falle verwirklicht werden wind. Wir «müssen uns überraschen lassen — und es sei noch einmal ausgesprochen, daß das nicht etwa Folge eines unserseitigen Erkenntnismangels ist. Nicht nur wir wenden übernascht,

sondern die Natur überrascht sich selber!“ Das Weltgeschehen als „Dialog von Zufall und Ordnung“ läßt sich dennoch mathematisch «?xafct beschreiben (S. 83).

Weitere Kapitel führen in den Bereich der Astrophysik ein. Reizvoll Ist eine Auseinandersetzung ,nit der

Science-fiction-Literatur. Main hat einmal gesagt, daß alles, was Mensehen sich ausdenken können, früher oder spater auch verwirklicht wird. Für die Reisen zu anderen Milchstraßensystemen oder Reisen durch die Zeit, in die Vergangenheit, trifft das jedenfalls nicht zu, sie werden Utopien bleiben — wenn nicht zukünftige Experimente und Erfahrungen auch die von der heutigen Wissenschaft und Technologie gesetzten Grenzen noch übersohcei-

iten. Man muß heute mit Prognosen ' vorsichtig sein.

Das gleiche gilt für die viögiich-kett der Begegnung mit Lebewesen und Zivilisationen auf fernen Planeten. Der Autor dieses Beitrages vertritt jedenfalls die Ansicht, daß unsere Astronautik für alle Zeiten auf unser eigenes Sonnensystem beschränkt bleiben wird und daß inter-

stellare „Besuche“ im Weltall auch dann nicht durchführbar sind, wenn es dort vernunftbegabte Wesen gibt. Aber die Entwicklung von Funkkontakten wäre grundsätzlich möglich.

Doch das liest sich schon wieder wie ein Science-fiction-Roman. Jedenfalls ebenso spannend.

PHYSIK. Ein Querschnitt der Forschung. Herausgegeben von Hoimar von Ditfurth. Hoff mann und Campe Verlag, Hamburg. 240 Seiten Mit 27 mehrfarbigen und 21 einfarbigen Abbildungen. öS 227.20.

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