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Pkw-Importe: 22 statt 8 Milliarden

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Nach sieben Jahren sozialistischer Wirtschaftspolitik ist die österreichische Zahlungsbilanz so tief rot geworden, daß man eine historisch vergleichbare Situation erst in den Jahren 1951 und 1952 findet, vor dem großen Sanierungswerk von Prof. Reinhard Karnitz. Leider ist aber in der ganzen großen sozialistischen Partei kein Wirtschaftsprofessor in Sicht, der, so wie einst Professor Karnitz für die ÖVP, nun für die SPÖ-Regierung mit Mut, Entschlossenheit und einem klaren Ziel vor Augen die Sanierung der österreichischen Zahlungsbilanz vorantreiben würde.

Die von der Regierung nach der Wahl im Burgenland angekündigten und noch im Gesetzwerdungsprozeß befindlichen Maßnahmen haben bisher nur zu einer beschleunigten Verschlechterung der österreichischen Handelsbilanz und damit auch der Zahlungsbilanz geführt. Eine stabilisierende Wirkung dieser Maßnahmen ist nicht vor Jahresmitte 1978 zu erwarten.

Wie aus den soeben veröffentlichten Daten der österreichischen Zahlungsbilanz für die ersten 9 Monate hervorgeht, stiegen in diesem Zeitraum die Importe um 14,5 Prozent duf 182,9 Milliarden Schilling an, während die Exporte nur um 9,3 Prozent auf 133 Milliarden Schilling zunahmen. Dadurch erhöhte sich das Handelsbilanzdefizit von 38,1 Milliarden Schilling (1976) auf 49,9 Milliarden Schilling und war damit fast so hoch wie im ganzen Jahr 1976 (52,5 Milliarden Schilling).

Nun wird für das Jahr 1977 ein Handelsbilanzdefizit in der Größenordnung von 70 Milliarden Schilling und ein bereinigtes Leistungsbilanzdefizit in Höhe von 30 Milliarden Schilling erwartet. Letzteres bedeutet, im Jahre 1977 wird jeder Österreicher um 4000 Schilling mehr ausgeben und konsumiert haben, als er 1977 verdient hat. Es ist daher nicht überraschend, daß der Durchschnittsösterreicher mit dem Jahr 1977 gar nicht so unzufrieden sein wird. Ganz sicher aber läßt sich dieses Leben auf internationalen Krediten nicht mehr lange fortsetzen, wahrscheinlich nicht einmal mehr bis zum ersten Oktobersonntag 1979, obwohl dies manche Politiker der Regierungspartei noch immer glauben. Der Glaube kann zwar Berge versetzen, aber die sozialistische Wirtschaftspolitik ist leider unverrückbar optimistisch!

Analysiert man die Importe nach Warengruppen, so kann man den Ankündigungseffekt des „Maßnahmenpaketes” im dritten Quartal 1977 schon statistisch nachweisen.

Im dritten Quartal 1977 betrug die Importzuwachsrate für Pkw 66,9 Prozent (1. Halbjahr 1977: plus 0,6 Prozent), bei Lkw stieg sie von 5,3 Prozent (1. Halbjahr 1977) auf 38,6 Prozent und in der Warengruppe Photo und Film von 31 Prozent (1. Halbjahr 1977) auf 35 Prozent (3. Quartal 1977). Woraus man zweierlei ableiten kann: die Österreicher lesen die unabhängigen Zeitungen und vertrauen auf die Ankündigungen der Regierung.

Letzte Prognosen sagen allein bei den Autoimporten für 1977 einen Zuwachs von acht Milliarden Schilling auf insgesamt 22 Milliarden Schilling voraus.

Man geht also nicht fehl in der Annahme, daß ohne das Maßnahmenpaket zur Sanierung der Zahlungsbilanz das Handelsbilanzdefizit des Jahres 1977 bei 60 Milliarden Schilling gelegen und damit um 10 Milliarden Schilling geringer gewesen wäre. Bei diesen zusätzlichen Importen in Höhe von 10 Milliarden Schilling handelt es sich um vorgezogene Käufe von Automobilen, Photoapparaten und anderen Waren des gehobenen Bedarfes.

Sollte das Maßnahmenpaket nur irgendeinen positiven Niederschlag in der Handelsbilanz des kommenden Jahres zeigen, dann dürfte das Handelsbilanzdefizit des Jahres 1978 höchstens 50 Milliarden Schilling betragen. Geht man nämlich davon aus, daß 1977 ohne, dieses Maßnahmenpaket das Defizit der Handelsbilanz nur 60 Milliarden Schilling erreicht hätte und Importe in Höhe von 10 Milliarden Schilling vorgezogen wurden, dann müßte 1978 ein Handelsbilanzdefizit in Höhe von 50 Milliarden realisierbar sein. Doch selbst die optimistischesten Prognosen prophezeien nur einen Rückgang auf 60 Milliarden Schilling im kommenden Jahr, was gegen die jüngsten Maßnahmen sprechen würde.

Einzig die internationale Konjunkturentwicklung scheint der Regierung zu einer fragwürdigen Hilfe zu werden. Österreich dürfte 1978 wieder einer Rezession näher sein als einer Hochkonjunktur, und schon im Jahre 1975 verbesserte die Rezession die Zahlungsbilanz geringfügig.

Sollte Österreich im kommenden Jahr von stärkeren negativen Einflüssen der internationalen Konjunkturentwicklung getroffen werden, so könnte eine rat- und reservenlose Wirtschaftspolitik diese nicht mehr abwehren.

Nachdem die „Luxussteuer” die letzten Konsumausgaben aus den Österreichern hervorgelockt hat, wird es im ersten Halbjahr 1978 zu einer Konsumflaute kommen. Mitgerissen von erstmals seit Jahren wieder steigenden Arbeitslosenzahlen und den seit Jahren geringsten Lohnerhöhungen werden Sparneigung und Wirtschaftspessimismus steigen. Zu diesem „günstigen” Zeitpunkt wird dann der neue Limes für Konsumkredite zwar ohne reale Wirkung sein, dafür aber psychologisch für Konsumverzicht Stimmung machen. Doch selbst eine stärkere Rezession wird Österreichs Zahlungsbilanz nicht sanieren können, noch dazu vor einem Wahljahr 1979.

Ganz sicher wird die Regierung spätestens Jänner 1979 von „Stop”- auf „Go”-Politik schalten, auch wenn sie - wie die Labour Party in Großbritannien - damit Österreichs Wirtschaft endgültig ruiniert. Es ist daher als sicher anzunehmen, daß die Regierung im Jahre 1979 unsere letzten Währungsreserven einsetzen wird, um noch einmal eine Scheinkonjunktur der österreichischen Wirtschaft vorzuspiegeln.

Was die FURCHE schon im Februar 1977 vorhergesagt hat, daß Ende 1977 die österreichischen Währungsreserven auf ds Niveau von 1966 gesunken sein werden, hat sich schon Ende September 1977 erfüllt. Die Nettodevisenreserven betrugen Ende September 1977 29,5 Milliarden Schilling und damit weniger als Ende 1966. Ein weiterer Rückschritt in die Vergangenheit ist zu erwarten. Im Jahre 1945 hatte Österreich ohne Währungsreserven begonnen, Ende 1979 könnte es wieder fast soweit sein!

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