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Planspiele

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Auch wenn wir längst keine Insel der Seligen mehr sind, gedenken wir im Geiste eine zu bleiben. Als uns ein .JZecker Spatz“ auf den Kopf patzelte, lieferten wir für diese Beharrlichkeit wieder einmal den Beweis.

Die unter dem Motto ,JKek-ker Spatz“ laufenden deutsch-französischen Manöver gingen von folgender Voraussetzung aus: Truppen des Warschauer Paktes mißachteten die österreichische Neutralität und rücken durch das Donautal rasch nach Westen vor: ,JDas würde die Verteidigungsfront um etwa 400 Kilometer verlängern — und dafür fehlen der NATO Truppen.“

So schilderte die .frankfurter Allgemeine Zeitung“ die Situation. Die FAZ ließ den Schluß offen, daß der Feind auf österreichischem Boden gestoppt werden muß. Womit, darüber haben sich die beteiligten Franzosen Gedanken gemacht, denn die 1. Französische Armee mit ihren drei Korps hat den Auftrag, „den Gegner zu zwingen, seine Kräfte soweit einzusetzen, daß seine Absichten erkennbar werden, und der Regierung genug Zeit zur Entscheidung für einen eventuellen nuklearen Gegenschlag zu verschaffen“.

Das heißt auf gut deutsch: Im Falle einer Verletzung unserer Neutralität durch Truppen des Warschauer Paktes würde sich auch die Nato von der Anerkennung dieser Neutralität französisch verabschieden.

Unserem Verteidigungsminister Robert Lichal ist zu unserem Szenario nichts eingefallen. Und während Kanzler Franz Vranitzky in Polen Außenpolitik machte, gab der daheim gebliebene Vizekanzler Alois Mock als Außenminister im Fernsehen eine kurze, nichtssagende Erklärung ab. Soweit Militärs zu Wort kamen, ergriffen sie dieses zwar, malträtierten es aber derart, daß der Sinn ihrer Rede meist dunkel blieb. So wurde eine Gelegenheit versäumt, eindringlich darauf hinzuweisen, wie sehr Österreich — auch aus eigener Schuld — zum Objekt von Planspielen geworden ist.

In diesem Zusammenhang sollte auch daran erinnert werden, daß es nach dem jahrelangen ,^Njet“ der Russen die Amerikaner waren, die 1955 einem Abschluß des Staatsvertrages mißtrauisch gegenüberstanden: Sie sahen ein neutrales Österreich als fehlendes Glied einer direkten militärischen Verbindung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien als Nato-Staaten.

Damals gelang es österreichischen Politikern noch, die zögernden Amerikaner zu überzeugen: Durch das glaubwürdige Bekenntnis zu einer wirksamen Landesverteidigung ...

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