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„Pleitenvertuschungsholding“ ?

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Feisal sei Dank, jetzt dürfen wir über den „Bauring“ als verantwortungsbewußte Staatsbürger eigentlich gar nicht mehr reden. Ein Aufatmen geht durch das Wiener Rathaus, welches allerdings nur ganz Naive mit einem frischen Wind verwechseln können.

Daß man jenseits des Mittelmeeres eine sehr originelle Auffassung von Pressefreiheit hat und diese auch ungeniert sämtlichen anderen Staaten oktroyieren möchte, darüber kann man schon in verschiedenen Ländern ein Lied singen. Nun' scheint Österreich an der Reihe zu sein, denn Saudi-Arabien paßt es nicht, was österreichische Zeitungen über das Arabien-Debakel des Wiener „Baurings“ schreiben.

Natürlich nützt Bürgermeister Gratz, Publicity-Virtuose von hohem Rang, die Gelegenheit sofort für eine große Szene und stürzt sich für die österreichische Pressefreiheit wie Winkelried in die drohenden Beduinen-Lanzen. Aber so nebenbei gibt er der österreichischen Presse zu verstehen, daß mit den Arabern nicht zu spaßen ist. Erst kürzlich mußte wegen unliebsamen Pressekommentaren im eigenen Lande eine finnische Firma über Nacht das Paradies der sprudelnden Ölquellen verlassen, unter Zurücklassung sämtlicher Anlagewerte, versteht sich, ja sogar der persönlichen Habe des Technikerteams. Wenn man an die großen Anlagewerte des Baurings denkt, die doch schließlich (bei solchen Gelegenheiten kommt man darauf) öffentliches Eigentum sind ... die Presse muß sich ja jedenfalls ihrer Verantwortung bewußt sein. Ganz kann man sich allerdings des

Eindrucks nicht erwehren, daß dem Rathaus ein solcher arabischer Maulkorb gar nicht so unsympathisch ist. Je weniger in der Öffentlichkeit von der „Sanierung“ des „Baurings“ die Rede ist, desto besser. Die Heimlich-Still-und-Leise-Politik, die heute im neogotischen Ringstraßenbau mehr denn je die Mode ist, könnte noch ungestörter wirken.

Denn während beim Fenster hinaus noch starke Worte geredet werden und schonungslose Durchleuchtung verkündet wird, scheint man •sich intern schon arrangiert zu haben und statt auf „Schonungslosigkeit“ sind alle Weichen auf Beschwichtigung gestellt. So etwa läßt man durchsickern, daß die Bauring-Pleite „nur“ 550 Millionen ausmache, bald werden wir hören, daß von Schuld oder auch nur Fahrlässigkeit nicht die Rede sein kann und daß die Stadt Wien noch immer am besten heraussteige, wenn drunten in Arabien weitergemacht werde, ganz so, als wäre nichts geschehen. Andeutungen in diese Richtung gab es schon genug.

Auch die Gemeindeholding scheint, allen Protesten der Öffentlichkeit zum Trotz, beschlossene Sache zu sein. Soll der „Bauring“ auf Kosten der Steuerzahler hinter deren Rük-ken saniert und in die finanziell gut gepolsterte Holding eingebracht werden?

So ist alles wieder in bester Ordnung: Die beiden Pleite-Direktoren Wawrowetz und Zöllner behalten im Hinblick auf ihre enormen Verdienste um den Bauring ihre Abfertigung von je 150.000 Schilling, wohl zum Trost dafür, daß sie in noch jugendfrischem Alter mit einer Mo-

natspension von 30.000 Schilling ihr Auslangen finden müssen — selbst-verständlich ohne Stillegungsklausel im Falle des Zuverdienstes, wie sie für ASVG-Pensionisten gilt. Und daß die Herren wieder ins Geschäft kommen werden, daran besteht kein Zweifel. Wem einmal Defizite von über einer halben Milliarde gelungen sind, der hat bewiesen, daß er „Format“ hat.

Aber davon spricht man am besten nicht mehr. Schon gar nicht darüber, was mit den Provisionen in Höhe von 213 Millionen Schilling gesche-

hen ist. Der abwegige Einfall, daß ein beträchtlicher Teil davon auf Umwegen in die Löwelstraße gelangt sei, wurde ja bereits energisch dementiert.

Ob die verdienstvolle Initiative des Wiener Mittelschullehrers Garns Erfolg haben wird, ist sehr fraglich. Bisher ist nicht einmal sicher, ob die Gerichte den Steuerzahlern das Recht auf Subsidiarklage zuerkennen (da eine öffentliche Anklage allem Anschein nach nicht erfolgen wird).

Die Opposition hatte zwar eine Zeitlang die Muskeln spielen lassen, verhält sich aber in letzter Zeit ziemlich still. Wurde sie, so fragt der Staatsbürger, von der Mehrheitsfraktion im Rathaus nur einfach überrollt?

Aber ein „Bauring“ kommt selten allein. Seiner Pleite folgte dicht auf dem Fuß die WIG-Pleite. Der Ausgleich der dubiosen AVG, der Organisatorin des Vergnügungsparks auf dem WIG-Gelände, und deren 30-Millionen-Schulden, ist nur die Spitze des Eisbergs. Der eigentliche Fehler liegt bei der Stadtplanung: Da wird mit einem Aufwand von über einer halben Milliarde Schilling (billiger gibt man's bei der Wiener Gemeindeverwaltung anscheinend nicht) an raumplanerisch denkbar ungeeigneter Stelle — und das trotz dem Fiasko des Donauparks, das eigentlich eine Warnung hätte sein müssen — ein Park geschaffen, da schwärmt Bundeskanzler Kreisky von einem Schönbrunn des 20. Jahrhunderts“ und dieses entpuppt sich als Anlage von unglaublicher Dürftigkeit und Geschmacklosigkeit, so daß man sich vergeblich fragt, in was denn eigentlich die ganzen Unsummen investiert wurden, da wird großspurig von einer internationalen Gartenausstellung gesprochen, und das Gezeigte ist so kläglich, daß jeder mittlere Erwerbsgärtner auf sei-

ner Verkaufsschaustellung mehr zu bieten hat, da haben die Veranstalter noch die Unverschämtheit, vom Besucher dieser untermittelmäßigen Parks geradezu wucherische Park-und Eintrittsgebühren zu verlangen, wobei die letzteren erst abgeschafft wurden, als die offenbar allen Ernstes erwarteten Besuchermassen ausblieben.

Das Ganze wurde dann noch durch einen Vergnügungspark herausgeputzt: Ein vifer Manager von Rathauses Gnaden animiert gutgläubige Aussteller, sich an einem Unternehmen zu beteiligen, das nichts als leere Kassen bringt, unternimmt selbst beachtliche Investitionen und kann die Professionisten nicht bezahlen.

Auch das ist eine Pleite, die für jedermann vorhersehbar war. Nur die Planer im Rathaus haben offenbar so sehr jeden Kontakt zur Realität verloren, daß sie sich offenbar allen Ernstes einen großen Erfolg versprachen. Nicht genug damit, ziehen sie noch zahlreiche Wirtschaftstreibende in das Fiasko mit hinein, die nun finanzielle Zuschüsse des Rathauses fordern, so daß der Steuerzahler wahrscheinlich abermals zur Kasse gebeten wird. Aber vielleicht wird auch noch die AVG von der Gemeindeholding übernommen?,

Der Staatsbürger fragt ratlos, wie lange diese beispiellose Verschleuderung von Steuergeldern noch weiter gehen soll. Hier wird ein bedenklicher Mangel an Kontrollinstanzen sichtbar, wodurch den jeweiligen Machthabern in Land und Gemeinde Wien viel zu viel Kompetenzen eingeräumt sind, von denen sie leider nicht jenen sparsamen Gebrauch machen, die ein normal entwickeltes Verantwortungsbewußtsein geboten erscheinen ließe.

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