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Polarisiert sich die Innenpolitik?

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Die Parlamentswahlen in Südafrika brachten, wie erwartet, einen klaren Sieg der Nationalen Partei des Ministerpräsidenten Vorster. Niemand hatte mit einem so durchschlagenden Erfolg Vorsters gerechnet: Im Ringen um die 165 Sitze der Volksvertretung eroberte die Nationale Partei nicht weniger als 134; sie hatte bisher 117 Sitze. Es wird von allen Kommentatoren darauf hingewiesen, daß Vorster - wie Smith in Rhodesien - gestützt auf eine solche Majorität praktisch alles durchsetzten kann, was er will.

Weit abgeschlagen wurde die bisher stärkste Oppositionspartei, die Neue Republikpartei. Von ihren früheren 23 Sitzen konnte sie lediglich zehn retten. Der Grund dafür könnte das teilweise verwaschene Programm sein, das keine markan ten Kontraste zu den Plänen Vorsters aufweist.

Die Progressive Föderale Partei konnte hingegen ihre Stellung behaupten; sie verlor lediglich ein Mandat und wird im neuen Parlament mit 17 Abgeordneten vertreten sein. Zu seiner eigenen Überraschung wurde Parteiführer Colin Eglin somit offizieller Oppositionsführer. Seine Partei verdankt ihren Erfolg ihrem gut durchdachten Programm. Es enthält die Forderung, den Bildungsstand der farbigen Bevölkerung rascher zu heben und das Wahlrecht aufgrund der nachgewiesenen Bildung nach und nach auf alle Bürger auszudehnen. Der Dezentralisierung der Macht soll die Schaffung von Einzelstaaten auf geographischer Grundlage dienen. Ihnen wäre innerhalb des bundesstaatlichen Rahmens ein hohes Maß an Autonomie zu gewähren.

Nach der Wahl erklärte Eglin, er verstehe, daß die Wähler in einer starken Regierung den besten Garanten für die Zukunft erblicken, doch sei es bemerkenswert, daß das Gedankengut seiner Partei als realistische Alternative zu den Plänen Vorsters seine Wirkung dennoch nicht verfehlt habe.

Die Südafrikanische Partei, eine konservative Gruppierung, die den Nationalen nahesteht, konnte die Hälfte ihrer Sitze retten, nämlich drei. Ein Sitz bleibt vorläufig vakant, weil der Kandidat Dr. Smit kurz vor den Wahlen einem Mordanschlag zum Opfer fiel.

Das Ergebnis des Wahlganges ist eine innenpolitische Polarisierung. Alle Kräfte, denen der Kurs Vorsters falsch oder gefährlich erscheint, werden sich um den neuen Opositionsführer scharen, denn scheinbar hat er als einziger eine glaubwürdige zweite Lösung anzubieten.

Ungewollt wurde Jimmy Carter zum erfolgreichen Wahlhelfer Vorsters. Durch seine Kampagne gegen die Rassentrennung gab er Vorster die Gelegenheit, nicht allein von der Gefahr des Kommunismus zu sprechen, sondern sich auch über den „Verrat der Freunde“ des Landes zu beklagen. Die Forderungen des Auslandes als unerwünschte Einmischung in die inneren Angelegenheiten Südafrikas abzuqualifizieren, brachte immer viel Applaus.

Aus dem Wahlergebnis ist abzulesen, daß die Abwehr der ausländischen Einmischung im Wahlkampf eine zentrale Rolle spielte. Darüber hinaus ist festzustellen, daß sich das Wählervolk mit den Grundsätzen der von der Nationalen Partei getriebenen Politik einverstanden erklärt hat daß also insbesondere die Rassentrennung aufrecht bleibt.

Es ist auch ziemlich klar, was Ministerpräsident Vorster mit seiner großen Mehrheit machen wird. Man kann sein Programm vereinfacht in vier Punkten zusammenfassen:

• Er wird die geplante neue Verfassung ausarbeiten und voraussichtlich 1979 einführen. Sie wird drei gleichberechtigte Parlamente (für Weiße, Mischlinge und Inder) und eine bedeutende Stärkung der Stellung des Staatspräsidenten bringen. Man spricht jetzt schon in Südafrika davon, daß der erste Präsident dieses Ranges Vorster heißen wird.

• Es bleibt dabei, daß die Weißen als die stärkste dieser drei Gruppen effektiv das Land regieren.

• Die Bantu-Homeland-Politik wird in der bisherigen Weise fortgeführt. Ziel bleibt die Selbständigkeit dieser Gebiete.

• Die schwarzen Städte und Gemeinden außerhalb der Heimatländer sollen nach und nach volle Selbstverwaltung erhalten.

Die Karten liegen offen auf dem Tisch. Die Zukunft wird zeigen, ob die Südafrikaner stark genug sind, diesen Weg durchzustehen.

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