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Polen wartet auf den Papst

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Besser als im Stalinismus, aber keineswegs gut ist derzeit das Verhältnis Kirche/Regime in Polen. Für Auslandspolen und polnische Pilger gibt es eine neue Zeitschrift.

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Besser als im Stalinismus, aber keineswegs gut ist derzeit das Verhältnis Kirche/Regime in Polen. Für Auslandspolen und polnische Pilger gibt es eine neue Zeitschrift.

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Die Vorbereitungen zu der dritten Papstvisite in Polen im nächsten Jahr sind in vollem Gange. Am 20. März weilte der polnische Primas Josef Glemp in Rom, um mit dem Papst selbst die Einzelheiten der Reise zu besprechen.

Die Beziehungen zwischen der Kirche und dem polnischen Staat sind derzeit zwar nicht so schlecht wie in der Zeit des Stalinismus, aber auch nicht gerade die besten. Dieser Ansicht ist der persönliche Berater des polnischen Primas -Andrzej Micewski, der langjährige Redakteur der polnischen katholischen Wochenzeitschrift „Tygodnik powszechny“. Andrzej Micewski ist seit kurzem im Auftrag von Kardinal Josef Glemp Chefredakteur der in Wien neugegründeten Zeitschrift „Znaki cza-su“ („Zeichen der Zeit“).

Den Hintergrund für die Herausgabe dieser Vierteljahresschrift für die Auslandspolen bildet die Tatsache, daß von den 2776 in Polen gedruckten Zeitungen und Zeitschriften nur 33 katholisch sind. Unter den 56 Tageszeitungen findet man keine mit kirchlichem Herausgeber. Zielgruppe der neuen Zeitung sind nicht nur die Auslandspolen, sondern auch polnische Rompilger. Die erste Ausgabe von „Znaki czasu“ bringt einen Beitrag des Wiener Vizebürgermeisters Erhard Busek über den sogenannten

Rapacki-Plan zur Neutralisierung Europas, einen Report über Polens erschreckende ökologische Situation sowie eine kritische Bestandsaufnahme der verbotenen Gewerkschaft „Solidar-nosc“.

In einem Gespräch mit der FURCHE meinte, Micewski, daß die jetzige Aufgabe der Kirche in Polen darin besteht, das nationale Bewußtsein, das die „Solidarität“ geweckt hatte, auf einem entsprechend hohen Niveau zu halten. Und das macht die Kirche gerade — nicht nur auf dem religiösen, sondern auch auf kulturellem und intellektuellem Gebiet. In den Kirchen Polens werden Tausende von Vorträgen und Versammlungen veranstaltet, wo nicht nur über religiöse, sondern auch über gesellschaftliche und sogar wirtschaftliche Fragen des Landes diskutiert wird.

Die Kirche, obwohl sie die offizielle Funktion als Vermittlerin zwischen der Regierung und der „Solidarität“ verloren hat, ist weiter bemüht, Brücken zu bauen. Sie will aber nicht das, was die unabhängige, verbotene Gewerkschaft getan hat, nachahmen, weil das zu einer neuen Katastrophe führen würde. Sie versucht nur eines: den Ideen der „Solidarität“ treu zu bleiben und sie lebendig zu halten.

Wie Micewski feststellt, betreffen derzeit etwa 50 Prozent der Fragen, die zwischen dem Staat und der Hierarchie diskutiert werden, gesellschaftliche und wirtschaftliche Thematik. Die Kirche interveniert auch weiter für alle Verhafteten oder auch diejenigen, die wegen ihres früheren Engagements in der „Solidarität“ beruflich benachteiligt werden. Sie hilft diesen Menschen rechtlich, unterstützt finanziell ihre Familien und hält einen ständigen Kontakt mit dem ehemaligen Vorsitzenden der Gewerkschaft — Lech Walesa. Diese Tätigkeit hat schon manche Erfolge gebracht, aber es gibt immer wieder Probleme, welche die Kirche nicht zu lösen imstande ist.

Die dritte Visite des Papstes, so erhofft man sich das in Polen, soll zur Verbesserung des gesellschaftlichen Klimas beitragen. Vor allem soll sie aber den dort lebenden Menschen helfen, die moralische Depression zu überwinden und ihnen die Kraft verleihen, dem Kommunismus weiter standzuhalten.

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