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Polens Bischofs-Sprecher attackiert Jerzy Urban
Vorsichtiger Schlagabtausch zwischen Regierung und Kirche in Polen: Nach dem Einschreiten der staatlichen Zensur gegen einen Artikel des Sprechers der Polnischen Bischofskonferenz, Alojzy Orszulik, in dem das Recht der katholischen Laien auf Gründung von Verbänden eingefordert wurde (FURCHE 47/ 1986), durfte nun ein Beitrag aus der Feder Orszuliks in der Krakauer katholischen Wochenzeitung „Tygodnik powszechny“ erscheinen.
Darin rechnet der Episkopats-Sprecher mit jenen Argumenten von Regierungssprecher Jerzy Urban ab, mit denen dieser die Entscheidung der Zensurbehörde verteidigt hatte. Insbesondere geht Orszulik auf die von der Regierungszeitung „Rzeczpospoli-ta“ (Nummer 264) veröffentlichten Aussagen Urbans ein. Der Regierungssprecher hatte das Urteil der Bezirkszensurbehörde von Kattowitz und Krakau bestätigt.
Vor allem kritisierte er jene Feststellung Orszuliks, die von der Verfassungswidrigkeit des behördlichen Verbots für gesellschaftliche Aktivitäten von Katholiken sprach. Der Sprecher der
Bischofskonferenz habe damit -so Urban - „falsche Informationen“ verbreitet und staatliche Institutionen der Lüge bezichtigt.
Orszulik stellt die Frage, seit wann ein Regierungssprecher denn als Berufungsinstanz in einem Zensurverfahren fungieren könne. Man habe nämlich gegen den Zensurbescheid bei der Hauptzensurbehörde in Warschau Berufung eingelegt; diese Instanz sei jedoch noch zu keinem Ergebnis gekommen. Für den Sprecher der Bischofskonferenz ein klarer Fall von Anmaßung seitens des Regierungssprechers.
Dann wiederholt Orszulik jene Forderungen, die in seinem inkriminierten Artikel der Zensur zum Opfer gefallen waren.
Er habe nichts anderes getan, als Optionen und Prinzipien des Zweiten Vatikanischen Konzils, des Dekrets über das Laienapo-stolat und des Kirchenrechts auf die polnische Situation angewandt; kirchliche Verlautbarungen, die — wie Orszulik schreibt — anstandslos die polnischen Zensurbehörden passiert haben.
Der Urban-Feststellung von der Vielfalt katholischer Organisationen in Polen — wie etwa „Pax“ oder die Klubs der Katholischen Intelligenz - hält Orszulik entgegen, daß es sich dabei um keine die tatsächliche Zahl der praktizierenden Katholiken in Polen repräsentierende Vereinigungen handle.
„Im übrigen“ - so Orszulik wörtlich — „könnten die Leiter der Klubs der Katholischen Intelligenz breit.und ausführlich darüber berichten, warum sie ihre Tätigkeit nicht in dem Ausmaß und in der Form entwickeln können, wie sie es sich wünschen und wie es den Bedürfnissen und Erwartungen der breiten Masse der Gläubigen entspräche.“
Vorsichtig verweist Orszulik auf das Beispiel demokratischer Staaten, in denen die Gläubigen dieselben Rechte und Pflichten wie andere Bürger haben. Der weltanschauliche Pluralismus in Polen sei ein Faktum, konstatiert der Sprecher des Episkopats unter Berufung auf die. Ersten Sekretäre des ZK der Vereinigten Polnischen Arbeiterpartei, die selbst die polnische Gesellschaft in Gläubige und Nicht-Gläubige eingeteilt haben.
In der stalinistischen Ära - so Orszulik -, die als eine Zeit der Fehler und Verkehrtheiten beurteilt werde, seien alle katholischen Vereinigungen aufgelöst worden. Nur fünf Klubs der Katholischen Intelligenz konnten erst wieder nach Oktober 1956 entstehen, „die übrigen Klubs sind eine Frucht des Jahres 1980“.
„Ich verstehe also nicht“ - schreibt Orszulik — „warum Minister Urban Entscheidungen der Behörden aus der Zeit der Fehler und Verkehrtheiten verteidigt.“
Der Episkopats-Sprecher beurteilt Urbans Aussagen als Warnung und Drohung an die polnische Kirche. Der Urban-Frage, ob man die Gewerkschafter, die Kleingärtner, die Lokalpatrioten und die Mitglieder verschiedener Kulturorganisationen in separaten weltanschaulichen Ghettos unterbringen müsse, hält er entgegen: „Muß man alle Verbände, Vereinigungen und Menschen, die sich zusammenschließen möchten, in einem Sack unter Leitung einer einzigen Organisation unterbringen?“
In Kreisen um Primas Jozef Glemp sieht man die Ermöglichung der Veröffentlichung des Orszulik-Beitrages als Reaktion der Regierung auf die starke Resonanz, die die Zensurgeschichte im westlichen Ausland gefunden hat. Außerdem steht die Italien-Reise von Parteichef Wojciech Jaruzelski bevor, in deren Rahmen auch eine Visite beim Papst vorgesehen ist. Schließlich bereitet sich Polen auch auf den dritten Besuch Johannes Pauls II. im Juni 1987 vor. Alles Gründe, um zwar nicht gänzlich von Konfrontation abzugehen, aber doch den Schlagabtausch so milde wie möglich zu halten.
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