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Polit-Reserve

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überall wird derzeit nach Möglichkeiten überlegt, hier einen Kanzler, da einen Vizekanzler, dort ein paar Minister auszutauschen. Aber es ist immer viel leichter einen in Pension zu schicken als einen zu finden, der ihn ersetzen könnte.

Bevor Helmut Kohl nach Österreich zur Schlankheitskur gefahren ist, haben viele noch geglaubt, man könnte mit ein paar in die Wüste geschickten Sündenböcken und ein paar neuen Unschuldslämmern im Kabinett dem Wähler einen großartigen Heuanfang Vortäuschen. o

Inzwischen glauben die wenigsten noch daran, daß alte Hüte auf neuen Köpfen unsere Regierungskoalition über das Wahljahr 1990 hinüberretten können.

Außer dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Lothar Späth, genannt Professor Gscheidle, ist kein überzeugender Gegenkandidat für Helmut Kohl zu sehen, und die Erfahrung spricht eher dagegen, daß ein erfolgreicher Landesfürst so ohne weiteres auch ein erfolgreicher Bundeskanzler sein könnte.

Manche Parteistrategen der CDU meinen, man könnte Helmut Kohl, der seinen langersehnten und heißgeliebten Kanzlerposten mit Zähnen und Klauen verteidigen würde, vielleicht dadurch hilfreich entlasten, daß man ihm den Parteivorsitz abnimmt.

Damit wäre das Kernproblem aber immer noch nicht gelöst: die überraschend dünne Personaldecke der regierenden Parteien, wenn es gilt, Spitzenpositionen neu zu besetzen. Die Reservebank ist meist nur noch mit Politikern der Bezirksklasse besetzt.

Bei der FDP ist es nicht anders. Graf Lambsdorff hat angekündigt, alle FDP-Mini- ster im Kabinett stünden auch zur Disposition — mit Ausnahme von Vizekanzler und Außenminister Genscher. Warum gerade der, wo er doch ohnehin an der Grenze seiner gesundheitlichen Belastbarkeit angekommen ist? Weil eben die FDP den Posten des Außenministers und Vizekanzlers für sich beansprucht, aber sonst keinen geeigneten Kandidaten dafür anbieten kann.

Von den fünf CSU-Mini- stem im Kabinett ist ein einziger über die Vorortsbahnhöfe von Bonn hinaus.. bekannt, nämlich Innenminister Zimmermann. Aber gerade der ist politisch so angeschlagen, daß er ausgetauscht werden soll.

Anders als Parteien würde sich eine Firma vielleicht doch einmal fragen, ob das denn mit der Nachwuchs- Ausbildung so stimmen kann. Ob nicht Posten-Veteranen die Jungen früher an die Verantwortung lassen sollten — nicht erst, wenn es schon im Gebälk knirscht.

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