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„Politiker jetzt fernhalten”

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FURCHE: Sie stehen als Neueinsteiger vor einer besonders schwierigen Situation. Die Verstaatlichte schreibt wieder tiefrote Zahlen, das wirtschaftliche Umfeld ist katastrophal...

HERBERT KREJCI: ... dafür bin ich von der Vergangenheit unbelastet. Ich kann völlig unvoreingenommen in meine Aufgabe hineingehen. Ich mache das sogar mit einer gewissen Freude, auch wenn das immer wieder als naiv belächelt wird. Denn mir geht es bei der Lösung des Verstaatlichten-Problems letztlich auch darum, daß da jemand nicht noch zusätzliches Protestpotential bekommt.

FURCHE: Wie sieht Ihre Strategie aus?

KREJCI: Für dieses Jahr gibt es ganz klare Regeln. Die lauten: Überprüfung aller Budgets für das Jahr 1993, äußerste Sparsamkeit, Durchforstung aller Investitionspläne und Reduzierung auf das unbedingt Notwendige, Auslagerung möglichst vieler Funktionen, die nicht im Unternehmen wahrgenommen werden müssen und Abverkauf von Grundstücken und ähnlichem.

FURCHE: Sanierung nur aus eigener Kraft?

KREJCI: Das hat auch Verstaatlichtenminister Viktor Klima expres-sis verbis gesagt.

FURCHE: Wie hoch wird dabei der Personalabbau ausfallen?

KREJCI: Ich sage ganz offen, der ist nur möglich im Konsens mit den Sozialpartnern unter Wahrung der sozialen Gegebenheiten und regionalen Besonderheiten. Ein Massenabbau in der Obersteiermark wird etwas anderes sein als eine Kündigungsaktion in einem großstädtischen Bereich.

FURCHE: Die Erhaltung des Standortes Linz steht außer Zweifel?

KREJCI: Dieser Standort kann und wird erhalten bleiben, denn dort sind wir insbesondere auf dem Gebiet der Werkzeug- und SpezialStähle durchaus in der Weltspitze zu finden.

FURCHE: Ist es fit, daß der Aufsichtsrat die Rückzahlung der offenen 3,4 Milliarden Schilling ins Budget nicht beschließen wird? Die Dividende könnte mangels Gewinn nur aus der Substanz gezahlt werden...

KREJCI: Es muß erst ein entsprechender Beschluß gefaßt werden, dem ich jetzt nicht vorgreifen kann. Aber der Aufsichtsrat muß sich sicherlich an die realen Gegebenheiten halten.

FURCHE: Ein vorprogrammierter Konflikt mit der Regierung, denn die Rückzahlung steht im Koaltionsüber-einkommen.

KREJCI: Das mag sein. Aber ich gehe davon aus, daß die Koalition die Situation realistisch beurteilen kann und diesen Punkt nicht zu einem frivolen Spiel verwendet. Es muß eine andere, den Gegebenheiten entsprechende Lösung gefunden werden.

FURCHE: Der privaten Industrie soll mit Struktur- und Überbrückungshilfen gegen Konjunkturflaute und Ostkonkurrenz durch Haftungs-

übernahmen und ähnliches geholfen werden. Wann stellt sich die Verstaatlichte wieder an?

KREJCI: Minister Klima hat betont, daß der verstaatlichte Bereich nicht anders behandelt werden kann und darf als die anderen Industriebetriebe. Bei all diesen Hilfen geht es ja nur um temporäre Maßnahmen und nicht um eine interventionistische Industriepolitik in Form von Subventionen. Es soll das Überleben in einer Situation gewährleistet werden, die nicht auf das Versagen des Managements zurückzuführen ist.

FURCHE: Woher nehmen Sie die Gewißheit, daß jetzt die Weichen im Austrian Industries Konzern endlich richtig gestellt werden?

KREJCI: Das müssen Sie den zuständigen Bundesminister fragen...

FURCHE: Wenn die eingangs erwähnten Maßnahmen nicht ausreichen?

KREJCI: Reden wir darüber, wenn wir auf dieser Brücke stehen...

FURCHE: Worin sehen Sie Ihre weiteren zukünftigen Aufgaben?

KREJCI: Die Mitarbeiter und Führungskräfte des Konzerns sollen ohne politische Störungen arbeiten können. Darüber bin ich mit Verstaatlichtenminister Klima einig, der auch das ex-pressis verbis bei der konstituierenden Sitzung des Auf sichtsrates gesagt hat. Für mich gibt es drei Parameter: Der eine ist das Aktiengesetz. Darin sind Parteisekretariate nicht vorgesehen. Der zweite ist die Eigentümerfunktion, die Bundesminister Klima wahrnimmt. Der dritte ist für mich die soziale Dimension. Ich werde auch immer wieder die Arbeitnehmerseite

(Foto Hopi) zu Wort kommen lassen und sie anhören, damit wir gemeinsam zu Lösungen kommen. Anders können wir diese Konfliktsituation sicher nicht schaffen.

FURCHE: Sie werden somit ein sehr aktiver Aufsichtsratsvorsitzender sein?

KREJCI: Ja. Im Aufsichtsrat selbst fühle ich mich als Moderator, der dafür zu sorgen hat, daß unsere Probleme in einem ruhigen Koalitionsklima gelöst werden können. Denn nach dem Beitritt Österreichs zur EG ist die Zukunft der derzeit noch verstaatlichten Industrie das zweitwichtigste Thema, das unbedingt aus dem politischem Streit herausgehalten werden muß. Ich werde besonders auch den Managern wieder Mut machen, weil ich glaube, daß sie nicht schlechter sind als die Führungskräfte in anderen Betrieben auch.

Denn die gesamte Industrie hat Probleme, die zum größten Teil von außen bestimmt sind. Dazu gehören die unsicheren Währungsrelationen, die uns in Österreich besonders hart treffen, der Konjunkturrückgang, der unter Umständen in eine Depression münden kann und die ganze Frage der Ostöffnung. Außerdem übersieht man in Österreich völlig den Rückgang der Rüstungsaufträge in allen Ländern.

Das Gespräch führte Elfi Thiemer.

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