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Politikverdrossen

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Politiker kommen bei den Jugendlichen schlecht weg. Der österreichische Soziologe Erich Brunnmayr spricht von einem „Gaunerimage der Politik“. Das war nicht immer so. 1976 waren die Politiker jene Berufsgruppe, vor der die Jugend den größten Respekt hatte.

„Wenn ich heute das Statement, J.n der Politik geht es um die Durchsetzung von Partei- vor Allgemeininteressen' vorlege, so stimmen rund 90 Prozent der Jugendlichen und etwa 80 Prozent der Gesamtbevölkerung ausdrücklich zu“, stellt Brunnmayr fest.

Weiters meinen Mitte der achtziger Jahre 88 Prozent der Jugendlichen und 81 Prozent der Erwachsenen, daß es in der Politik ziemlich korrupt zugehe. •

Eine Untersuchung der Einstellung von Führungskräften im süddeutschen Raum zeigt, daß die kirchliche Autorität in moralischen Fragen weitgehend abgelehnt wird. Das Ethos von Führungskräften ist in einem Zustand des Ubergangs: Vielfach wirkt eine christliche Erziehung noch nach, sie wird aber für die heutigen Entscheidungen nicht mehr ernst genommen.

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner, einer der Autoren der Studie, registriert deutliche Anzeichen von Opportunismus, insbesondere bei den jüngeren Altersgruppen der Entscheidungsträger. (FURCHE 23/1986)

Bei der 1985 abgehaltenen Bischofssynode in Rom wurden auch Zahlen genannt über den Anteü der Mitteleuropäer, die an die Reinkarnation glauben: Insgesamt sind es rund 20 Prozent.

Und in einer 1986 veröffentlichten Studie der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen wird festgehalten, daß etwa 50 Prozent der Deutschen glauben, die Konstellation der Sterne habe irgendeinen Einfluß auf ihr Leben. Sieben Prozent lassen sich sogar ein persönliches Horoskop erstellen.

Probleme zeichnen sich vor allem in der Beziehung zwischen der Erwachsenen-und der Generation der Alten ab. Dazu der deutsche Soziologe Franz-Xaver Kaufmann: „Neuere empirische Untersuchungen zeigen, wie vor allem in städtischen Verhältnissen die Entfremdung zwischen Eltern- und Großeltern- beziehungsweise Urgroßel-terngeneration fortschreitet.

Insbesondere scheint die Rolle der Großeltern, denen beispielsweise für die religiöse Sozialisation bisher erhebliche Bedeutung zukam, immer weniger gefragt.“

Die sinkende Heiratsfreudigkeit wird das voraussichtlich noch verstärken: „Noch keine andere Gesellschaft hat das Risiko der Reduktion familiärer Kontinuität soweit getrieben wie die unsrige, und die jüngsten Desinstitutionali-sierungstendenzen des Verhältnisses zwischen Mann und Frau deuten eine Weitere Verringerung an.“ •

Im Vergleich zu 1960 haben sich die Selbstmordraten bei den Männern recht beachtlich, bei den Frauen jedoch kaum verändert. Diesen Unterschied stellt man sowohl bei Jugendlichen wie bei Erwachsenen fest.

Was die Dynamik der Veränderung anbelangt, ist folgendes zu beobachten: Mitte der achtziger Jahre lagen die Werte bei den 15-bis 24jährigen um 60 Prozent über denen von 1960, bei den Erwachsenen betrug der Anstieg „nur“ 25 Prozent. Unter der männlichen Jugend wächst also deutlich die Zahl derer, die an ihrem Leben verzweifeln.

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