7226111-1993_46_13.jpg
Digital In Arbeit

Politisches Herantasten

Werbung
Werbung
Werbung

Hat er - oder hat er nicht? Letzter Stand: Wenn er hat, so er überhaupt hat, war der Griff ans - respektive: ins -Rückendekollete so, daß die derart Begrapschte jetzt weiß, sie hätte auf keine sexuelle Absicht schließen können. Also eine sexuelle Belästigung, die wochenlang Innenpolitik und Kommentatoren bewegt hat, ohne erkennbare sexuelle Absicht? Absurd.

In einem Sechs-Augen-Gespräch - Nationalratspräsident Heinz Fischer, Waltraud Schütz und Sozialminister Josef Hesoun -hat Frau Schütz jetzt tatsächlich erklärt, daß sie aus dem Verhalten Hesouns vor sechs Jahren auf keine sexuelle Absicht hätte schließen können und daß deshalb der Vorwurf „Busengrapscher" („profil") nicht begründet sei. Daher hat auch Hesoun seine Klagen in dieser Sache gegen „profil' zurückgezogen. Strich drunter.

Strich drunter? Nein, so einfach geht das wirklich nicht. Eine spottschlechte Fopperei nach all den Beschuldigungen und Vorwürfen. Das paßt vorne und hinten nicht zusammen. Und auch Frauenministerin Johanna Dohnal wird sich darauf keinen Frauen gegenüber vertretbaren Reim machen können.

N'achdem sie im Fall Paul Burgstaller - und zwar auch unabhängig davon, ob nun tatsächlich er oder jemand anderer das ungustiöse Wort mit dem Mikrofon in den Mund genommen hat - mit rigorosen und forschen Forderungen aufgetreten ist, wird sie in diesem doch handgreiflicheren Fall nicht keine Konsequenzen ziehen können. Und sie hat ja Hesoun vor die Alternative gestellt: entweder Klage oder Rücktritt. Nur Wortgeklingel?

Alles, was die Diskussion um diese Grapschaffäre tatsächlich positiv zur öffentlichen Bewußtseinsbildung geleistet und zur Ächtung sexueller Belästigung beigetragen hat, ist jetzt konterkariert. Gelten denn für das politische Milieu - und da wieder streng nach Parteizugehörigkeit unterschieden - andere Maßstäbe als etwa für den Büroalltag? Steht da noch jemand glaubwürdig da?

Das politische Herantasten an eine SP-verträgliche Lösung der Affäre hat der Sache der Frauen ein Waterloo beschert. Wenn 's weiter dabei bleibt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung