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Pompeji vor Wien

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Der achttausend Quadratmeter große Archäologische Park von Camimtum, in einen Mu-seimisbezirk und ein FreiUchtmu-Bevm im Bereich des Legionslagers, der Lagerstadt sowie in der Zivilstadt gegUedert, wird kein Erlebnispark ä la Disneyland oder Aste-rix-Welt werden. Das versprachen zumindest beider Grundsteinlegung zur Projektstufe I Ende Juni die FolitikerundArchäologenvonLan-deshauptmann Siegfried Liidwig bis zu Werner Jobst, Landeskonservator für Bodendenkmalpflege \md Direktor des Museums Camunti-niun. Sie taten das vor dem Hintergrund des freigelegten römischen Stadtviertels bei Schloß Petronell,

das Besuchern des „Pompeji vor den Toren Wiens“ sowohl imter dem Namen Spaziergang als auch unter der Bezeichnung Insulae (Siedlungsblöcke) bekannt ist.

Die Projektstufe I tmifaßt von österreichischen \md imgarischen Archäologen sowie Architekten der Technischen Hochschule Budapest erarbeitete, von den Architekten Karl F. GoUmann und Hans Puchhammer ausgeführte und einer internationalen Fachkommission begutachtete Ganz- und Teilrekon-8truktionen,zudemRestaurierungs-maßnahmen am neuen Museum Car-nuntinimi,außerdemdieErTichtung eines Pfaffenbergmusevuns, sowie Sicherheitsmaßnahmen an der großen Therme (Palastruine) \md am Amphitheater L

Im Hinblick auf die Weltausstel-limg Wien-Budapest im Jahre 1995 soll die Projektstufe I spätestens 1993 mit einem Kostenaufwand von 105 Millionenschilling abgeschlossen sein. Nach Aussagen aller Beteiligten wird die Gestaltung maßvoll sein und den Ergebnissen der Bau-f orschimg Rechnung tragen.

Daß man sich bei der drei Meter tiefen Halle der ehemaligen Car-nuntiner Hauptstraße und dem dahinter gelegenen Dianatempel aus dem 4. Jahrhundert zu denkmal-pflegerisch imistrittenen Ganzrekonstruktionen entschlossen hat, wird damit begründet, daß dadiuxh dem Laien die dritte Dimension der antiken Architektur erschlossen werden könne. Zudem befindet sich der Spaziergarten wie die meisten nicht wieder zugeschütteten Ruinen der vmi Christi Geburt gegründeten Hauptstadt der römischen Provinz Oberpannonien in desola-

tem Zustand: Die Mauerfugen der vor Jahrzehnten aufgedeckten Wohnhäuser mit den Werkstätten und Straßenläden, Wirtschaftsräumen, Hallen und Höfen sind durch Frost geschädigt, der antike Mörtel ist großteils weggebrochen und ausgewaschen, die Geh- und Bodenhorizonte sind unkeimtlich geworden. Unsachgemäße Konservierungen mit Zementeiofassungen haben zusätzUch ein Bild entstehen lassen, das mehr verwirrt als informiert.

Nun wird über den noch vorhandenen Resten der Bausubstanz die Straßenhalle so aufgebaut, wie sie nach eingehenden wissenschafth-chen Untersuchungen im Original ausgesehen hat: Die Säulen aus unterschiedlichen Baustoffen, die Basen und Kapitelle aus Sandstein,

die Säulenschäfte aus Holz.

AuchderüberWohnhäusemdrei-er Bauperioden errichtete Tempel der Jagdgöttin Diana ersteht nach grabimgsmäßigen Erkenntnissen in den Origiaalmaßen des Heiligtums. Seine Grundfläche wird sechs mal 6,68 Meter betragen, die Bauhöhe 7,90 Meter. Die Proportionen der einzelnen Gebäudeteile werden den Vorschriften des römischen Architekten Vi truvius entsprechen, selbst bei den Fußböden, den Eingängen, den Säulen und der Dachkonstruktion werden diese Proportionen bis ins Detail nachvollzogen.

Im übrigen Ruinengelände des Wohnstadtviertels werden nach Abschluß von archäologischen Nachxmtersuchungen die Baureste konserviert \md museologisch aufbereitet. Wo es die Baubefunde er-

lauben, errichtet man auch Teilrekonstniktio-nen.

Zum Teil rekonstruiert wird auf jeden Fall das Amphitheater I, also das Amphitheater der Lagerstadt von Camimtum. Es hat vor allem mihtärischen Zwecken (Paraden, Kampfübungen, Exerzieren, Reiten) gedient, doch wurden auch hier wie im Amphitheater n der Zivilstadt Gladiatorenspiele und Tierhetzen abgehalten.’Mit seinen wiederaufgestellten Sitzreihen über dem südöstlichen Gebäudesektor und der weiten Arena (72,20 mal 44,30 Meter) soll das Theater für Veranstaltungen verschiedener Art benützt werden.

Diezwischen 1970 und 1985 auf dem Pfaffenberg oberhalb von Bad Deutsch Altenburg geborgenen Tempelreste, Jupitersäulen und Altäre, die Skulpturfragmente und Inschriften werden in einem neuen Museumsbau untergebracht. Wohl wäre der attraktivste Platz zur Präsentation dieser Fundgegenstände der Götterberg selbst gewesen, dieser wird jedoch längst als Steinbruch verwendet.

Um dieses HeiUgtum und die einst auf der Anhöhe verehrten Götter in einigermaßen würdiger Erinnerung zu erhalten, wählte man den Kirchenberg von Bad Deutsch Alten-burg als Standort für das Pfaffen-bergmuseumaus. Sein Äußeres wird der Form des um 200 n. Chr. errichteten Haupttempels der kapitolinischen Trias Jupiter, Juno und Minerva nachempfunden.

Damit soll eine optische Hilfe zum Verständnis des reügiösen Hintergrundes geschaffen und im Verein mit den christlichen Monumenten des Kirchenhügels auf die Kontinuität kultischer Einrichtungen hingewiesen werden.

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