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POPULISMUS FUHRT INS NICHTS

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FURCHE: Ist das ursprüngliche Konzept der Landesaustellungen, Geld für erhaltenswerte Objekte zu organisieren, aufgegangen?

GÜNTHER JONTES: Ich glaube gar nicht, daß das das ursprüngliche Unterfangen war. Wenn man zum Beispiel die Geschichte der steirischen Landesausstellungen zurückverfolgt, so sieht man, daß sie eigentlich bis 1959 zurückgeht, wo die Erzherzog-Johann-Ausstellung stattgefunden hat. Man hat also anfänglich historische Anlässe gesucht, denn auch die zweite große Ausstellung 1964, die bereits internationalen Zuschnitt hatte, hieß „Graz als Residenz". Schon bald taucht der „Trigon-Gedanke" auf, der über ideologische und politische Grenzen hinaus alte historische, kulturelle Zusammengehörigkeiten wiederbeleben wollte.

FURCHE: Es hat also eher identi-tätsstiftenden Charakter gehabt?

JONTES: Könnte man für diese Zeit sagen. Es war auch als Überwindung der ideologischen Grenzen zu Jugoslawien gedacht. Damals sind ja auch die ersten Gastarbeiter gekommen, der Visumzwang fiel; es war eine allgemeine Entkrampfung zu spüren.

Wenn am Anfang historische Ausstellungen waren, so wurde 1966 mit der sehr erfolgreichen Ausstellung „Der steierische Bauer" ein Weg beschritten, der weder von der glanzvollen Herrschergeschichte noch von der Kunst her zu fassen ist.

FURCHE: Da ist die Steiermark aber einen anderen Weg gegangen als Niederösterreich, wo man über die Landesausstellung etwa die Schal-laburg renovieren konnte.

JONTES: Gerade bei der Schalla-burg hat es nicht so funktioniert, wie man es sich gedacht hat: Ich kann mich noch an den Katalog der Romanik-Ausstellung 1964 erinnern, wo auf der letzten Seite stand: „Im nächsten Jahr auf Wiedersehen in der Renaissanceausstellung auf der Schal-laburg". Erst danach wurde festgestellt, daß die völlig vermorscht war, und es hat dann zehn Jahre gedauert, bis man dort ausstellen konnte.

In den siebziger Jahren kam das Konzept in eine Krise. Jahrelang war nichts, dann eine Wanderausstellung über Bildung, die später nicht gezählt wurde. Dann hat man es mit Literatur versucht. Geblieben ist davon nur der Katalog, der heute noch die einzige Literaturgeschichte der Steiermark darstellt.

FURCHE: Ist man nicht in Richtung Regionenförderung gegangen?

JONTES: Ja, das stimmt. Aber etwa die großartige Ausstellung „Erz und Eisen" in Eisenerz hatte wenig Folgen für die kulturelle und touristische Belebung der Region. Oder die Rie-gersburg-Ausstellung, die aus dem Raum Wien viele Menschen angezogen hat, die vermutlich lange nicht mehr dorthin-fahren werden.

Wenn man auf den inneren Gehalt der Ausstellungen zurückgeht, so war die Wende bei der Herberstein-Ausstellung 1986: Dort wurde zum erstenmal weniger eine innenarchitektonische, ästhetische Gliederung gemacht, sondern da sind Bühnenbildner und Regisseure aufgetreten. Und das ist ein Weg, der ins Nichts führt, weil man muß dann bei jeder Ausstellung die Sensationen der vorhergehenden übertreffen.

FURCHE: Wie könnte dann aber die Zukunft ausschauen?

JONTES: Der Stakkato-Einjahres-Rhythmus muß aufgegeben werden. In den Ländern ist die Regionalföde-rung nun doch eines der Hauptanliegen und wenn das so weitergeht, wird die Karawane Landesausstellung vorüberziehen und die vorige versinkt wieder in Vergessenheit. Was man über die Vorbereitung der nächsten Ausstellungen hört, kann man nicht sehr glücklich sein. Da macht etwa ein Filmemacher die Ausstellung zum Thema „Wallfahrt". Bedenklich sind auch die Ratschläge an die wissenschaftlichen Mitarbeiter, daß die Beiträge nicht wissenschaftlich sein sollen, sondern die Masse erreichen sollen. Es müßten also politische Entscheidungen für fundierte Ausstellungen getroffen werden, die wissenschaftliche Potenz haben wir.

Doz. Dr. Günther Jontes, Direktor des Stadtmuseums in Leoben, arbeitete seit zehn Jahren an fast jeder steirischen Landesausstellung mit. Das Gespräch mit ihm führte Harald Klauhs.

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