6994061-1987_03_05.jpg
Digital In Arbeit

Positive Politik

Werbung
Werbung
Werbung

Es sind nahezu zwei Dutzend Kandidaten oder Aspiranten, die mit Jahresbeginn 1987 in den Wahlkampf-Startlöchern für die 88er Auseinandersetzung um das höchste Amt Amerikas zu finden sind.

Viele Namen mögen derzeit außerhalb der USA noch Schall und Rauch sein — Gouverneur Duka-kis etwa oder auch Ex-Gouverneur Pierre du Pont IV —, doch ist allen eines gemeinsam: Zum erstenmal seit einem Vierteljahr-

hundert wird keiner mit einer Anti-Establishment-Note, mit einem „Kontra-Washington“-Bekenntnis antreten.

War es seit den End-Fünfziger Jahren üblich, im Rahmen von Präsidentschaftswahlkämpfen auf Washington zu schimpfen, Washington zu verurteilen, „das System“ als reformbedürftig darzustellen, so ist diesmal als Leitmotiv „das Positive“ zu erkennen, das Bekenntnis zu Washington als Ausdruck amerikanischer Macht und amerikanischer Größe.

Der republikanische Polit-Theoretiker Kevin Phillips faßt das in der Erkenntnis zusammen, daß das „amerikanische Volk einen Rahmen für eine vorwiegend positive Politik wünscht — und den schafft man nicht, indem man Washington verleumdet oder verurteilt: Die US-Bevölkerung sieht in den in Washington angesiedelten Hierarchien und Institutionen, vor allem denen der Regierung, beispielgebende Elemente“.

Es ist bezeichnend, daß sich liberale wie konservative Bewerber um das Präsidentenamt dermaßen Washington- und Establishment-positiv gebärden, und sicherlich ist das auf die Amtsführung Ronald Reagans zurückzuführen.

Bei aller Kritik, die man gegen ihn vorbringen mag, bleibt ihm doch das Verdienst, Amerika und den Amerikanern und damit Washington das Selbstvertrauen zurückgegeben zu haben, das in der super-liberalen Carter-Ära so schwer in Mitleidenschaft geraten war.

Interessant ist auch dies: Richard Nixon, Jimmy Carter und

Ronald Reagan hatten keine Staatsämter inne, als sie ihre Prä-sidentschafts-Wahlkämpfe gewannen — dochdrei der führenden republikanischen Kandidaten für die Wahl von 1988 haben Amt und Würden: Vizepräsident George Bush, Senator Robert Dole und der Abgeordnete und Verteidigungsexperte Jack Kemp.

Auch dies zeugt für die ProEstablishment-Atmosphäre im Amerika von heute.

Bei den Republikanern hat es Vizepräsident Bush sicherlich am schwersten, ein Eigen-Profil zu entwickeln. Zu sehr schließlich stand er bisher im Schatten Reagans, zu wenig unterschied er sich von dessen Politik.

Und jetzt, in den verbleibenden fast zwei Jahren gemeinsamer Verantwortung, eine Reagan-unabhängige, vielleicht sogar Reagan-unterschiedliche Linie ein-

zuschlagen, ist riskant und Reagan gegenüber vielleicht auch nicht fair.

Nicht minder problemhaft ist es auf demokratischer Seite für Gary Hart, seit zwölf Jahren Senator. Er gilt als links-liberal, was ihn eher belastet, und er hat aus seinem Präsidentschafts-Wahl-kampf von 1984 noch einen Schuldenberg in Höhe von 2,4 Millionen Dollar abzutragen.

Es ist natürlich weit verfrüht, jetzt schon „Einengungen“ des Kandidaten-Feldes vorzunehmen.

Das bleibt den Primaries, den Vorwahlen, das bleibt vielfach innerparteilichen Entscheidungen vorbehalten.

Bush und Hart jedoch gelten als die Favoriten ihrer Partei, doch gibt es eine Reihe von möglichen Außenseiter-Überraschungen. Schließlich waren auch Gary Hart

und Jimmy Carter zwei Jahre, bevor sie Prominenz erlangten, noch weitestgehend unbekannt.

Fraktionsführer Robert Dole liegt mit 14 Punkten (Bush: 34) auf der Beliebtheitsliste der Republikaner an zweiter Stelle.

Das trifft bei den Demokraten auf New Yorks Gouverneur Mario Cuomo zu, der auf 20 Punkte kommt (Hart: 26 Punkte).

Aber man sollte bei den Republikanern vielleicht auch mit dem früheren Senator Howard Baker oder Ex-Außenminister Alexander Haig rechnen — und bei den Demokraten vielleicht mit Senator Sam Nunn oder seinem Kollegen Joseph Biden.

Das entsprechende Duellieren um die Kandidatur jedenfalls wird bald schon beginnen - der Präsidentschafts-Wahlkampf wird zweifellos ein langer werden und ein aufreibender.

Jaruzelski in Rom. Ein heikler Besuch für den italienischen Gastgeber. Mit der Verhängung des Kriegsrechts — vor fünf Jahren — war der selbsternannte Retter der polnischen Nation in tiefe Ungnade bei allen westlichen Regierungen gefallen.

Mit dem ersten Besuch in einem NATO-Land dürfte

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung