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Prägen ist Silber!

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Von Dezember 1974 bis Ende Oktober 1975 hat der Finanzminister mehr als 21 Millionen Stück Silbermünzen zu 100 Schilling prägen und in Umlauf bringen lassen. Da der Silbergehalt dieser 100-Schilling-Münzen mit 15,36 g Feinsilber gerade 85 Prozent des Silbergehaltes der alten 50-Schil-ling'-Silbermünzen erreicht (früher nannte man so ein Vorgehen Münzverschlechterung), verdiente der Finanzminister pro 100-Schilling-Mün-ze zwischen 55 und 67 Schilling — je nach den Schwankungen des offiziellen Silberankaufspreises des österreichischen Hauptmünzamtes zwischen 2100 und 2900 Schilling pro kg Feinsilber. Daher verdiente der Finanzminister allein seit Dezember 1974 an den Silbermünzenpr&gun-gen 1,17 und 1,42 Milliarden Schilling, zwar nicht genug, um sein Defizit zu decken, anscheinend aber genug, um die einst kontinuierlich steigende Wertschätzung österreichischer Silbermünzen im In- und Ausland zu untergraben.

Ursprünglich war die Ausgabe von Sübermünzen und Münzen aus unedlen Metallen durch das Scheidemünzengesetz 1963 mit 350 Schilling pro Kopf der Bevölkerung limitiert, niefit zuletzt aus währungspolitischen Gründen. 1967 wurde diese Kopfquote auf 450 Schilling und 1970 auf 600 Schilling erhöht. Im Jahre 1973 allerdings erfolgte eine kleine aber entscheidende Veränderung des Scheidemünzengesetzes. Der Betrag der im Umlauf befindlichen Münzen wurde mit 500 Schilling pro Kopf der Bevölkerung neu festgesetzt, also um 100 Schilling vermindert. Gleichzeitig aber wur-

Photo: Klomfar den alle Silbermünzen von der Anrechnung auf die Kopfquote ausgenommen.

Bei einem Silberankaufspreis von derzeit 2300 Schilling (seit 10. Dezember 1975) beträgt der Silberwert der 100-Schilling-Silbermünzen 35,33 Schilling. Erst bei einem Silberankaufspreis von 6510 Schilling würde der Silberwert den Nominalwert von 100 Schilling erreichen! Daher richtet sich heute die Nachfrage nach Silbermünzen nur nach dem numismatischen Wert der einzelnen Münze. Auflagen von über drei Millionen Stück und Einsparungen bei den Gestaltungskosten der Münze, wie zuletzt bei der 2. und 3. Ausgabe der Olympiamünzen, die einmal mit Wiener Wappen in Wien und einmal mit Tiroler Wappen in Hall geprägt wurden, bei sonst völlig gleichem Bild, schaffen keine numismatischen Raritäten, sondern sind eine reine Spekulation auf unkritische Sammlerleidenschaften.

Da bei der letzten Olympia-Münze auch die Abbildung des „zitternden Abfahrtsläufers“ kein zusätzliches Sammlermotiv darstellt, häufen sich nun die Silbermünzen in den Tresoren der Sparkassen und Banken, die sie an die österreichische Nationalbank zurücksenden. Da die österreichische Nationalbank nach dem Scheidemünzengesetz nur 15 Prozent des Münzgeldumlaufs an unedlen Metallen und 5 Prozent des Silbergeldumlaufs in ihren Tressoren halten muß, könnte sie bald in die Lage kommen, diese unbeliebten Silbermünzen an den Finanzminister zu retournieren. Die Grenze wäre erreicht, sobald die Nationalbank mehr als 280 Millionen an Silbermünzen in ihren Kassen hätte. Da die Kassenbestände im November 1975 aber schon 200 Millionen überschritten, könnte 1976 diese Grenze leicht erreicht werden. Damit es aber dazu kommt, wird nun die Post reichlich mit Silbermünzen ausgestattet. Werden bei den im Jänner 1976 kräftig erhöhten Portogebühren vielleicht 100 Schilling bald ein vernünftiges Wechselkleingeld sein?

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