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Präsident Kyprianou setzt auf Jimmy Carter
Zyperns neuer Präsident, Maka- rios-Nachfolger Spyros Kyprianou, hat seine erste Feuerprobe vor der Generalversammlung der UNO hinter sich. Dem Karrierediplomaten und langjährigen Außenminister ist es gelungen, jede internationale Anerkennung des 1974 von den Türken gewaltsam errichteten Spalterstaates im Nordteil der Insel zu verhindern.
Nach diesem Mißerfolg hat die Türkei sofort den angeblich labilen Gesundheitszustand ihres Gegenspielers auszuspielen begonnen. Unter Berufung auf einen Herzanfall, den Kyprianou im Anschluß an seine erste Ame- rikanreise erlitten hatte, wurde von der türkischen Nachrichtenagentur „Anadolu” alsbald ein kompletter Infarkt gemeldet, der den zypriotischen Präsidenten so gut wie amtsunfähig gemacht habe. Man deutete an, Kyprianou werde seine bis Februar 1978 befristete provisorische Amtszeit kaum überleben und schon gar nicht zu Neuwahlen antreten können. Dabei wurde auf die dadurch bedingte Labilität im zypemgriechischen Rumpfstaat und auf die Wichtigkeit des Verbleibens der türkischen Besatzungstruppen im Norden zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung angespielt.
Während die Motive so tendenziöser Berichterstattung und Kommentierung im Interesse des zyperntürki- schen Führers Rauf Denktasch an einer Verewigung der Zweiteilung in eine Griechen- und Türkenzone zu suchen sind, amtiert der angeblich sterbenskranke Kyprianou in seiner Präsidentschaftskanzlei. Freilich - an seinem sommerlichen Zusammenbruch gibt es nichts zu beschönigen. Der war nach einer enttäuschenden Vorsprache in Washington erfolgt, wo man ihm reinen Wein darüber eingeschenkt hatte, daß die USA ihre türkischen Verbündeten einfach nicht vor den Kopf stoßen könnten, solange das östliche Mittelmeer durch die Nahost- krise verunsichert bleibe.
Kyprianous heute wieder lachendes Gesicht verrät jedoch, daß sich seitdem so ziemlich alles zum Guten verändert hat Noch von Erzbischof Ma-
kariös war ihm mit dessen letzten Worten als politisches Vermächtnis ans Herz gelegt worden, Zyperns traditionellen Neutralismus und Ostdrall durch gezieltes Liebeswerben um Amerikas Freundschaft zu ersetzen. Der Weg des ägyptischen Präsidenten Anwar-as-Sadat sollte Spyros Kyprianou dabei als Vorbild dienen.
Wenn nicht alle Zeichen trügen, so haben die Randverhandlungen derselben UN-Voll Versammlung, aus denen das amerikanisch-sowjetische Nahostabkommen hervorgegangen ist, auch die Entscheidung in der Zy- pernfrage gebracht, eine „amerikanische Lösung”, wie man in Nikosia sagt. Gegen diese haben nicht einmal die zypriotischen AKEL-Kommunisten mehr etwas einzuwenden. Gibt es auch hinsichtlich Zyperns eine - vorläufig noch vertrauliche - Absprache zwischen dem Weißen Haus und dem Kreml?
Präsident Kyprianou, der als Außenminister so interviewfreundlich gwen wai\ wjll auf solche Fragen nicht antwortete .Er unterstreicht sein volles Vertrauen in Jimmy -Carter: er gibt zu bedenken, daß die Supergroßmächte nicht in einem Atemzug den Rückzug der Israelis fordern und auf Zypern die türkische Okkupationsarmee dulden könnten. „Wer Ja zum Heimatrecht der Palästinenser gesagt hat, darf uns Zyprioten denselben Anspruch nicht verweigern.”
An einem strahlenden Oktobertag waren die Straßen der zypriotischen Hauptstadt Zeugen einer anti-israelischen Kundgebung. Der Anlaß hiefür zwar bedeutungslos: eine Warenschau Israels im Hilton-Hotel. Als ob die Israelis nicht fast dreißig Jahre lang das wahre Rückgrat von Zyperns Fremdenverkehr und Geschäftsleben gewesen wären! Hier scheint die Ausgewogenheit eines Makarios zu- fehlen, der über aller Herzlichkeit mit Abdel Nasser immer Israels korrekter und zuverlässiger Partner geblieben war. Oder glaubt Kyprianou, sich auf diese Weise Jerusalems amerikanische Kritiker verpflichten zü können?
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