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Prag erhielt neuen Erzbischof Tyrnau mub weiter warten

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Seit dem 10. Jänner hat Prag wieder einen Erzbischof, den bisherigen Administrator der Erzdiözese, Dr. Franz Tomäsek. Seiner Ernennung waren im Herbst Gespräche einer Prager Regierungsdelegation mit vatikanischen Stellen vorangegangen. Schon im Dezember hatte der Ministerpräsident der Prager Gesamtregierung Strougal in Wien die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse angekündigt, die nun nach einigen Wochen erfolgt ist. Dies berichtet Jozef Nechlubyl im „Rheinischen Merkur“.

Die Ernennung Tomäseks kostete die Prager Regierung nichts, brachte ihr aber den Vorteil, von einem Odium befreit zu werden: von einem Kardinal, der nicht Bischof sein durfte. Der Kirche brachte sie nichts, da nur der tatsächliche Zustand juristisch festgelegt wurde, ohne daß für das kirchliche Leben Erleichterungen zugestanden worden wären.

Neben der Ernennung Tomäseks ist die Errichtung einer slowakischen Kirchenprovinz das herausragende Ereignis der Neuregelung. Die Slowakei wird eine Kirchenprovinz mit der Erzdiözese Trnava (Tyrnau) bei Preßburg. Suffraganbistümer sind Nitra (Neutra), Banska Bystrica (Neusohl), Spis (Zips), die bisher dem Heiligen Stuhl unmittelbar unterstellt waren. Dazu kommen Roznava (Rosenau) und Kosice (Käschau), die bisher immer noch zum Erzbistum Eger (Erlau in Ungarn) gehört hatten. Einige Pfarreien der Diözese Satu-Mare (Szatmar) in Rumänien wurden der Diözese Käschau zugeschlagen, während die bisher zu Breslau gehörenden Gebiete von Teschen und Freiwaldau zur Erzdiözese Olmütz kamen. Schon vor Jahren war das Glatzer Gebiet von Prag aus ausgegliedert und der Erzdiözese Breslau einverleibt worden.

Von den vierzehn Jurisdiktionsbezirken in der Tschechoslowakei haben nur drei einen residierenden Bischof. Für elf Bistümer ist er noch zu ernennen.

Wie schwierig das ist, zeigt das Gerangel um die Ernennung des neuen E rzbischofs von Tyrnau, das zwar zum Erzbistum erhoben wurde, jedoch gegen alle Erwartung keinen Erzbischof bekam. Man hatte zwar schon in den Gesprächen vom Herbst 1977 eine Einigung auf die Person erzielt. Erzbischof sollte der bisherige Administrator der Diözese werden, Dr. Julius Gäbris. Und noch im Dezember 1977 hatte Strougal in Wien seine Ernennung bevorstehend bezeichnet.

Aber sie unterblieb, nicht mehr ganz überraschend, wenn man das Auftreten des Bischofs auf der Bischofssynode im Herbst und die Vorkomme nisse bei seiner Rückkehr in die Slowakei betrachtet. Gäbris war als Vertreter der tschechoslowakischen Bischöfe nach Rom gekommen, um an der Bischofssynode teilzunehmen. Er hatte dort offen, aber doch zurückhaltend und sachlich über die mannigfachen Behinderungs- und Unterdrük-kungsmaßnahmen der Regierung gegen den einzig staatlich erlaubten Religionsunterricht, berichtet.

Seine Ausführungen blieben für ihn nicht ohne Folgen. Nach seiner Rückkehr hatte er eine „Unterredung“ mit dem Direktor des Prager Kirchensekretariats, an der auch die beiden führenden Funktionäre des Preßburgei* Kirchensekretariats teilgenommen haben dürften. Der Bischof erlitt dabei einen Herzanfall und mußte eine Klinik aufsuchen.

Während seines dortigen Aufenthalts bemühten sich führende Männer der slowakischen Priestervereinigung „Pacem in Terris“, ihn zu einer abmildernden Erklärung zu bestimmen. Ohne Erfolg. Ebenso erging es den beiden ob ihrer Zusammenarbeit mit dem Regime bekannten Kapitularvi-kare Onderko und Beläk, als sie auf den Bischof Einfluß zu nehmen versuchten.

Eine Gruppe von Geistlichen des Bistums Tyrnau gab sich dann dazu her, ein Memorandum zu unterschreiben, das sich gegen die geplante Ernennung ihres Bischofs zum Erzbischof aussprach. Das Schreiben wurde an die Regierung gerichtet, sein Inhalt den Bischöfen des Landes mitgeteilt. Hintermänner der Aktion waren die führenden Männer des Preßburger Kirchensekretariats, wohl kaum ohne Weisung von oben.

Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Prager Regierung die Ablehnung des Bischofs „durch seinen eigenen Klerus“ und mit gebührender Würdigung „Erregung in Klerus und Volk um die Erhaltung von Frieden und Ruhe“ zum Anlaß nehmen wird, um in neuen Verhandlungen einen willfährigen Kandidaten einzuhandeln. Zugleich hätte sie damit ein Warnsignal gesetzt, wieweit sie die Kirche gehen zu lassen' gedenkt. Was der Bischof in Rom getan hat, duldet sie nicht.

Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß der Heilige Stuhl weitere Schritte bei der Prager Regierung unternehmen wird, um der Kirche im Land auch eine spürbare Erleichterung zu verschaffen. Dazu gehört die ungehinderte Ausübung der Seelsorge und die Ausübung des Glaubens, womit es gerade auch in der Slowakei noch sehr im argen liegt.

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