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Prag und Wien

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Ein dreitägiger Aufenthalt in Prag, der mit einem Vortrag an der Karls- Universität - die um einige Jahre älter ist als die in Wien - verbunden und auf Wunsch der einladenden Universität ausgerechnet dem Wien des Fin-de-Siecle gewidmet war, brachte mir auf Schritt und Tritt zum Bewußt-sein, wie eng Wien und Prag wieder zusammenhängen, welch reger Austausch sich nach Jahrzehnten der Tren-nung und Isolation wieder ein-spielt.

Während meines Aufenthal-tes weilte nicht nur zum x-ten Male der Wiener Bürgermei-ster Helmut Zilk in den Mauern der Goldenen Stadt, es wurden zur gleichen Zeit Filialen der Z und der Länderbank eröffnet. Ein namhafter österreichischer Galeriebesitzer lud zu einer Ausstellung im Rahmen einer bereits eröffneten österreichisch-tschechischen Kunsthalle ein, die sich in einem Palais Chotek aus der Familie der Gattin Franz Ferdinands befindet. Ein Um-stand mehr, der mich zu dieser Ausstellung hingezogen hat, ist die Tatsache, daß sich auch mein Universitätsinstitut in Wien in der Währingerstraße in einem ehemaligen Palais Chotek befindet.

Beim Empfang des österrei-chischen Botschafters, der sich unermüdlich aller österreichi-schen Anliegen und Gäste annimmt, gewann man einen lebhaften Eindruck von der Fülle der Kontakte, die Wien und Prag einander näherrük-ken.

Allerdings soll nicht ver-schwiegen werden, daß die Startbedingungen dieses Aus-tausches noch nicht auf beiden Seiten gleichmäßig sind.

Die Prager haben weniger finanzielle und sonstige Mög-lichkeiten, nach Wien aufzu-brechen als umgekehrt und die Aufnahmekapazität bezie-hungsweise die Infrastruktur Prags ist vorläufig dem erfolg-ten und noch zu erwartenden Ansturm der Gäste - nicht nur aus Wien - noch nicht gewach-sen.

Auch darf nicht unerwähnt bleiben, daß auf beiden Seiten vor allem in der älteren Gene-ration, Ressentiments aus den schrecklichen Zeiten vor und nach 1945 einer vollen Ver-ständigung im Wege stehen.

Dazu kommt jetzt noch, daß Prag und Wien nicht nur Freundschafts- und Aus-tauschstädte sind, sondern im neuen europäischen Rahmen auch Konkurrenten darstellen.

Dessen ungeachtet überwie-gen die positiven und verbin-denden Elemente. Sie lassen für die Zukunft eine gegensei-tige Bereicherung und Ergän-zung einstmals in einem ge-meinsamen Staat angesiedelter Städte und Völker erhoffen.

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