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Pragmatiker
Wolfgang Wagner, der Bayreuther Festspielchef, betont es sicherlich mit Recht: Nach 1945 war er es, der sich am Ort um die Erhaltung der materiell und geistig schwer beschädigten Substanz gekümmert hat. Sein Bruder Wieland, der künstlerisch Begabtere, Phantasievollere, zum spekulativen Denken Neigende, konnte in der Abgeschiedenheit der Bodenleelandschaft die theoretischen Grundlagen für „Neu-Bayreuth“ erarbeiten.
Eine solche Aufgabenteilung schien vorgezeichnet. Wieland hatte, mit den Worten seines jüngeren Bruders, „von oben angefangen“ (als Oberspielleiter im thüringischen Altenburg), während Wolfgang an der Preußischen Staatsoper Berlin alle Theatersparten durchlief - vom Hilfsinspizienten über Regieassistenz bis zur Hospitanz bei musikalischen Einstudierungen.
Diese Konzentration aufs konkret Faßliche, auf das nachvollziehbare Theaterhandwerk, hat auch seine ersten Inszenierungen auf dem Hügel geprägt, die das Bayreuth der dreißiger Jahre nicht ganz verleugneten. Sie waren die Folie, auf der die bildnerischen und gedanklichen Neuformulierungen seines Bruders erst sichtbar wurden. In einer resigna-tiven Phase Wieland Wagners -einige Jahre vor dessen Tod 1966-hat sein Bruder ihn „bei der Stange gehalten“, nachdem schon durch Wolfgang Wagners „Ring“-Szene von 1960 die konstruktiven Züge seiner Theaterarbeit im helleren (Xenon-) Licht deutlich geworden waren.
Nach 1970 gewann er Größe, fest entschlossen, die „Werkstatt Bayreuth“ frei nach Brecht „mit unheiligen Mitteln weiterzuführen“; ein (am 30. August) Sechzigjähriger, der dem ältesten Festspiel musikalischer Kunstübung die Aura des Jungseins sichert.
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