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Pressestimmen zur geplanten Einstellung der FURCHE

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Die Frage, Österreichs renommierte katholische Wochenzeitung mit einem Zuschuß von 1,5 Millionen Schilling jährlich zu sanieren und weiter erscheinen zu lassen, steht also nicht mehr auf der Tagesordnung. Die Zeitung gehört nicht direkt den Bischöfen, sondern dem katholischen „Herold-Verlag“, dennoch liegt die Zukunft der „Furche“ in den Händen der Bischofskonferenz, weil ihr weiteres Erscheinen von dem jährlichen Zuschuß von 1,5 Millionen Schilling aus den Österreichisen Diözesen abhängt.

Die „Furche“ verkauft derzeit wöchentlich rund 8000 Exemplare, die Media-Analyse weist rund 35.000 Leser aus. Chefredakteur Hans Magenschab, der das Blatt nach der fristlosen Entlassung des früheren Chefredakteurs Willy Lorenz am 10. Dezember 1975 übernommen hat, erklärte den „Salzburger Nachrichten“, er werde mit dem Erscheinen der letzten „Furche“ als Wochenzeitung ausscheiden. Magenschab hatte ein fünfjähriges Finanzierungskonzept für die „Furche“ entwickelt, ein Komitee versuchte in den letzten Monaten, Gelder aufzutreiben, mußte aber am 21. März feststellen, daß es nur noch mit 1,5 Millionen

Schilling jährlich aus dem Fundus der Bischöfe weitergeht.

Die Journalistengewerkschaft ap-pelierte an die Bischofskonferenz, das Erscheinen der „Furche“ auch weiterhin zu ermöglichen, um die Arbeitsplätze zu erhalten.

„Salzburger Nachrichten“ 7. April 1976

*

„Die Furche“: Das war der vielleicht aussagestärkste Zeitungstitel im Gründerjahr 1945. Er signalisierte einen neuen Aufbruch des Katholizismus in Österreich, ein Offensein für das notwendige Gespräch der Gegner von gestern.

In Jahren des Kampfes, der Intrige und der Resignation ist die Pflugschar stumpf geworden. Heute, Dienstag,' wird die österreichische Bischofskonferenz zustimmen, daß diese Wochenzeitschrift an die vom konservativ-katholischen Winfried-Werk in Augsburg herausgegebene Illustrierte „Weltbild“ verkauft wird. Für eine lausige halbe Million Schilling.

Das von der Redaktion unter Hans Magenschab zu Recht geforderte

Fünf-Jahre-Finanzierungskonzept kam nicht zustande. Nur die Diözesen Graz, St. Pölten, Klagenfurt und Innsbruck hätten mitgemacht. Ein-

einhalb Millionen Schilling im Jahr waren nicht aufzubringen.

Das ist das Ende einer Idee, für die Friedrich Funder und nach ihm Kurt Skalnik — beide oft zu Unrecht als „Linksüberholer“ verteufelt — Unvergessenes geleistet haben. Das Ist das Ende jenes Dialogorgans, in dem etwa Thomas Bernhard und Ingeborg Bachmann erstmals publizierten. Und Bruno Kreisky und Josef Taus, als beide noch kedne politischen Funktionen hatten.

Die Standarte der konfessionellen und parteipolitischen Versöhnung in Österreich wird eingeholt. Auch ein Signal?

Hubert Feichtlbauer im „Kurier“, 5. April 1976

* .

„Da Wunder sehr selten sind, wenn es um Geld geht, wird ein Wunder höchstwahrscheinlich nicht passieren. Geschehen wird etwas anderes: Die .Furche' soll für 500.000 Schilling an das deutsche katholische ,Weltbüd' verkauft werden und dort als eine Art Beilage weitervegetieren — bis zum endgültigen Hinscheiden.

Ein recht würdeloser Tod, wenn man bedenkt, daß diese Zeitung, eine Gründung Friedrich Funders, einmal als repräsentativstes Sprachrohr des österreichischen Katholizismus gegolten hat.

Welche Aufregung verursachte es in der Öffentlichkeit, als 1964 versucht wurde, Emil Franzel aus München zu holen und zum Heraus-

geber der .Furche' zu machen, wie rauschte es im österreichischen Blätterwald, als drei Jahre später Kurt Skalnik als Chefredakteur mit zwei anderen Redakteuren gekündigt wurde. 1969 erschien dann eine Dokumentation in Buchform unter dem Titel ,Die zugepflügte Furche'.

Man verband mit diesem Namen einmal die Begriffe patriotisch, katholisch und geschichtsbewußt.

Der stille Verkauf der .Furche' und das Schweigen dazu: sind das nicht auch Symptome für einen Ausverkauf von Werten, die mit diesen drei Begriffen verbunden sind?

Und ein Symptom für die Situation des Katholizismus in Österreich.“

Kurt Wimmer in der „Kleinen Zeitung“, 6. April 1976

*

.„Die zugepflügte Furche' hieß eine Dokumentation der früheren „Fur-che“-Redakteurin Trautl Brandstal-ler, in der diese 1969 den „Putsch von oben“ schilderte, mit dem die Herausgeber damals Chefredakteur Skalnik und seine als „zu links“ empfundenen Mitarbeiter entfernten. Zugepflügt wurde die „Furche“ damals nicht, aber so umgepflügt, daß dem katholischen Wochenblatt daraus offensichtlich kein Aufstieg ersproß.

Allerdings hat die „Furche“ keineswegs allen Traditionen dieses Blattes abgesagt, sondern Inseln

einer liberalen Einstellung erhalten, die zum Bemerkenswertesten gehören, was sie zu bieten hat: Von den Stimmen für die Minderheiten in Österreich bis zur Akzeptanz der „französischen Lösung“ in der Frage der Schwangerschaftsunterbrechung. Daß auch die sonst konservativer gewordene „Furche“ nicht nur um objektive Kritik bemüht war, sondern auch betont österreichisch blieb, machte sie zu einer Bereicherung in der ohnehin nicht sehr farbigen österreichischen Pressepalette.“

Manfred Scheuch in der „Arbeiter-Zeitung“ 3. April 1976

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