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Privatschulen vor neuen Problemen

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„Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.” Mit diesen Worten fundiert die im Verfassungsrang stehende Menschenrechtskonvention die katholischen Privatschulen als für die Erfüllung des Erziehungsauftrages der Eltern unverzichtbare Alternative zum allgemeinen öffentlichen Schulbereich.

Wie sieht nun der Bedarf nach katholischen Privatschulen, ihr Stellenwert in der Schullandschaft aus und welche Entwicklung zeichnet sich für die achtziger Jahre ab?

Die deutsche Zeitschrift „Der Spiegel” spricht von einer „Flucht in die Privatschulen, um die Kinder vor der Hektik der Reform, vor Schulexperimenten und Konzeptlosigkeit abzuschirmen”. Damit sind die sicher krasseren deutschen, nicht ungefiltert auf Österreich übertragbaren Verhältnisse umschrieben.

Derzeit steht einer steigenden Nachfrage nach katholischen Privatschulplätzen ein zu geringes Aufnahmepotential gegenüber. Etwa 25 Prozent der Bewerber müssen jeweils abgewiesen werden, unberücksichtigt ist die Dunkelziffer deijeni- gen, die wegen vermeintlicher Aussichtslosigkeit gar nicht um Aufnahme ansuchen.

Die Zahl der katholischen Privatschüler in ganz Österreich hat sich seit 1970 um rund 25 Prozent erhöht Besonders auffällig ist diese Entwicklung deshalb, weil sich an den öffentlichen Pflichtschulen die sinkenden Geburtenraten bereits stark bemerkbar machen.

Einer der wesentlichsten Gründe ist sicher neben der christlichen Erziehung die Assoziation katholische Privatschule - besondere Qualität im schulischen, aber vor allem auch im erzieherischen Bereich. Dieses auf einem richtig angewandten Leistungsprinzip basierende Kapital gilt es zu bewahren und zu mehren.

Schlußfolgerung aus der gegebenen Situation ist die Notwendigkeit -einer Vermehrung der katholischen Privatschulplätze in der Zukunft. Die positive Bestandsanalyse darf aber nicht über die gewichtigen Probleme für die katholischen Privatschulen in näherer Zukunft hinwegtäuschen, die durchaus geeignet sind, das zitierte Verfassungsrecht zu einer Leerformel werden zu lassen und den eindrucksvoll bestätigten Bedarf nach katholischen Privatschulplätzen noch weniger zu erfüllen.

Das Personalproblem der schulerhaltenden Orden - Lehrpersonal und sonstiges Schulpersonal kann nur noch zum geringen Teil gestellt werden - wurde zwar durch Übernahme der Lehrerpersonalkosten durch den Bund teilweise gelöst oder entschärft. Doch neben dem vom Staat in keiner Weise geforderten Internatsbereich ergeben sich gewichtige

Probleme, vor allem auf dem Sektor der Sachaufwendungen (Gebäudeerhaltung, Strom, Heizung, Reinigung, Lehrmittel). Diese Aufwendungen werden ausschließlich vom Privatschulerhalter oder über die Schulgelder von den Eltern getragen.

Dem Staat wird damit jährlich ein Betrag von etwa 400 Millionen Schilling erspart (ganz abgesehen von der zur Verfügung gestellten, ein Vielfa ches betragenden Bausubstanz). Neben der gesellschaftspolitischen Bedeutung einer schulischen Alternative, die in der zitierten Verfassungsbestimmung ihren Ausdruck findet, ergibt sich somit auch ein handfester materieller und organisatorischer Vorteil für den Staat aus der Existenz der katholischen Privatschulen.

Schulorganisatorische und pädagogische Änderungen, die vom Gesetzgeber beschlossen werden, bedeuten nun meist eine entsprechende Steigerung dieser Sachaufwendungen. Aktuellstes Beispiel: die geplante Herabsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen. Für diese Herabsetzung sprechen ohne Zweifel beschäftigungspolitische (Lehrerüberschuß!) Gesichtspunkte. Dazu ist al lerdings anzumerken, daß die Herabsetzung in manchen Bereichen nur ein legistisches Nach vollziehen bereits eingetretener Entwicklungen ohne nennenswerte Effizienz für die Zahl der Lehrerarbeitsplätze sein dürfte.

Klassengrößen von 40 Schülern an katholischen Privatschulen sind nicht ideal, wobei man sich aber unwillkürlich fragt, warum Eltern trotz dieser Klassengrößen ihre Kinder in katholische Privatschulen geben, obwohl im öffentlichen Schulbereich bedeutend kleinere Klassen vorhanden sind.

Im Dilemma zwischen unbestreitbaren pädagogischen Vorteüen einer Herabsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen und den ernsten Folgen für die Entwicklung der Privatschulen haben wir folgende grundsätzliche Leitlinie für die Zukunft aufgestellt:

Pädagogische oder schulorganisatorische Maßnahmen mit finanziell belastenden Auswirkungen für die Privatschülereltem müssen von entsprechenden flankierenden Maßnahmen der öffentlichen Hand begleitet sein.

Konkret: die Herabsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen erfordert nach unserer Auffassung einen staatlichen Zuschuß zu den Sachaufwendungen in Höhe von 2000 Schilling pro Jahr und Schüler und eine einmalige notwendige Subvention für die notwendigen baulichen Maßnahmen in Höhe von 600 bis 700 Millionen. Sind derartige flankierende Maßnahmen nicht erreichbar, ist das Privatschulwesen trotz positivster Tendenzen in seiner Entwicklung ernst gefährdet.

Es wird in näherer Zukunft sehr rasch festzustellen sein, welchen Stellenwert die öffentliche Hand dem Verfassungsrecht der Österreicher auf katholische Erziehung ihrer Kinder, der eindrucksvoll belegbaren Effizienz des Privatschulwesens und den immer wieder von maßgeblichen Persönlichkeiten formulierten Bekenntnissen zum katholischen Privatschulwesen beimißt.

Es muß alles getan werden, um den Pluralismus in der Schullandschaft nicht nur nach Schultypen, sondern vor allem nach den Grundsätzen für die Persönlichkeitsformung und Erziehung auch in den achtziger Jahren zu gewährleisten. Eine gesunde Konkurrenz auf dem für alle Menschen so wichtigen Schulsektor kann nur von Vorteil sein!

(Der Autor ist Kammeramtsdirektor der Ärztekammer der Steiermark und Präsident des Verbandes der El- temvereine an katholischen Privatschulen)

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