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Probleme: Orden, Ökumene und Jugend

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So verschieden die bisherigen Reisen Papst Johannes Pauls II. bisher auch waren, sie alle tragen dieselben Grundzüge: sie sind (wenn wir von der Reise in die Türkei absehen) pastorale Reisen.

Karol Wojtyla kommt freilich nicht nur als oberster Hirte der Kirche zu den Katholiken, er kommt auch als oberster Repräsentant des Heiligen Stuhls, einer vom internationalen Recht anerkannten Institution, die diplomatische Beziehungen unterhält, und er kommt auch als Souverän des 44 Hektar großen Vatikanstaates.

Damit sind Verpflichtungen eines Staatsbesuches verbunden, die stets auf ein Minimum reduziert werden, was nicht selten zu protokollarischen Schwierigkeiten führt. (Die Zusammenziehung aller wichtigen Verpflichtungen eines Staatsbesuches auf einen einzigen Abend auf Schloß Augustus-burg in Brühl bei Bonn konnte erst nach nicht spannungsfrei verlaufenen Verhandlungen erreicht werden.)

In den ersten Entwürfen des Reiseprogramms für Deutschland hatte man vielleicht zuwenig der Tatsache Rechnung getragen, daß Johannes Paul II. zum ersten Mal als Papst ein Land besucht, das durch eine 400 Jahre alte Glaubensspaltung bikonfessional geprägt ist.

44,6 Prozent sind katholische Christen, 47 Prozent gehören den Gliedkirchen der evangelischen Kirche in Deutschland an; hiezu kommen zwei Prozent evangelische Freikirchen.

Die Gereiztheit, mit der protestantische Kreise auf eine nicht ganz glückliche Luther-Darstellung durch den Frei-burger Kirchenhistoriker Remigius Bäumer reagiert haben, signalisiert eine tiefsitzende Verunsicherung in breiten Kreisen der evangelischen Christen über den Besuch eines Papstes im Ursprungsland der Reformation.

In den unzähligen Diskussionen übersah man, was in der Broschüre „Kleine deutsche Kirchengeschichte", in der die umstrittenen Passagen stehen, über die Schuld der katholischen Kirche zu lesen ist.

Papst Hadrian VI. (1522-23), übrigens ein Deutscher, gab seinem Legaten nach Deutschland eine Instruktion mit, in der es heißt, Gott lasse die Verfolgung der Kirche geschehen wegen der vielen Sünden der Menschen, besonders der Priester und Prälaten, auch an der Kurie seien seit langer Zeit viele verabscheuungswürdige Dinge geschehen . . .

Besondere Bedeutung kommt dem Besuch des Papstes in der kleinen mitteldeutschen Stadt Fulda zu, dem Zusammentreffen des Papstes mit den Bischöfen. Die Ansprachen des Papstes vor den Bischofskonferenzen sind in der Regel die wichtigsten im Reiseprogramm.

Zielgruppen in Fulda sind Seminaristen, Diakone und Priester sowie Laien im kirchlichen Dienst, schließlich Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK); gegenwärtig gehören vier bis fünf Millionen Katholiken katholischen Verbänden an, die im ZdK vereint sind.

In Altötting, dem größten Marienwallfahrtsort Deutschlands, sind die Orden, die Säkularinstitute und andere geistliche Gemeinschaften in besonderer Weise angesprochen.

Die Orden, denen die katholische Kirche Deutschlands viel verdankt, erle-' ben derzeit eine schwere Krise vor allem der weiblichen Gemeinschaften. Zählte man 1960 noch 12.370 Ordensmänner, so 1979 nur mehr 9.041. Im gleichen Zeitraum fiel die Zahl der Novizen von 881 auf 290. Die Zahl der Ordensfrauen sank von 93.172 (1960) auf 61.237 (1979), die der Novizinnen von 3264 auf 347.

Die mit dieser starken Krise verbundene Erhöhung des Durchschnittsalters in den einzelnen Kommunitäten wird zur Schließung von zahlreichen Schulen, Spitälern, Altersheimen usw. im Lauf der nächsten zehn Jahre führen.

Die fünftägige Reise endet in München. Höhepunkt wird eine Eucharistiefeier auf der Theresienwiese sein, zu der vor allem die Jugend eingeladen ist.

Bei einer Gesamtbevölkerung von 61,3 Millionen leben in der BRD 6,1 Millionen Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren. Jeder zehnte junge Katholik ist Mitglied einer der 17 im Bund der deutschen katholischen Jugend zusammengeschlossenen Jugendverbände.

Vor allem unter den 19- bis 29jähri-gen ging der regelmäßige Besuch der Sonntagsmesse stark zurück.

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