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Projekte der Hoffnung

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In Sierra Leone ging in den letzten Jahren die Nahrungsmittelproduktion um 40 Prozent zurück. Grund: Ein Wolkenteppich, der, anders als früher, in der Wachstumsperiode den Himmel bedeckte. Meteorologen der UNO klärten seine Herkunft: Die Kondensationskerne der Regenwolken waren Rußteilchen aus den brennenden Regenwäldern Brasiliens!

Jakob von Uexküll erwähnt dies im Vorwort zu „Projekte der Hoffnung” als Beleg, daß sich die ökologischen Probleme in nicht mehr prognostizierbaren Wechselwirkungen weltweit verschärfen. Was ihm vorschwebt, wäre „eine Institution mit allen zur Wiederherstellung und Erhaltung unserer natürlichen Umwelt notwendigen politischen, finanziellen und juristischen Befugnissen”. Sie soll nicht Freiheit einschränken, sondern das „Umfeld schaffen, in dem menschliche Freiheiten - einschließlich .freier Märkte' - bestehen können, ohne sich selbst zu zerstören”.

Die Träger des von Uexküll gestifteten Alternativen Nobelpreises sollen Vorreiter sein. Sie hätten, so Uexküll, „Wege in eine helle Zukunft gesucht und gefunden” und zeigten beispielhaft, „was Einzelpersonen und kleine Gruppen mit minimalen Mitteln gegen große Widerstände erreichen können”. Ihre Arbeit sei Teil einer Gesamt-Alternative zum Aufbau einer globalen ökologisch-demokratischen Gesellschaft ohne Hunger und Zerstörung.

Das Buch stellt die Preisträger von 1980 bis 1989 vor - mit denen von 1990 ein halbes Hundert von Personen und Gruppen. Neben den mit einem Geldbetrag verbundenen Preisen werden Ehrenpreise vergeben - unter anderem (19 8 6) an den Österreicher Robert Jungk.

Unter den regulären Preisträgern ist der 1983 ausgezeichnete Österreicher Leopold Kohr (Salzburg) für seine Theorie einer „Rettung im Kleinen”, einer Rückkehr zu überschaubaren Größenordnungen.

Es können hier nur einige Projekte herausgegriffen werden. Etwa der Brasilianer Jose Lutzenberger, der sich nach 15jähriger Tätigkeit für den Chemiegiganten BASF von diesem löste, um gegen den verschwenderischen Einsatz von Agrochemie sowie gegen die Politik der Weltbank aufzutreten. Er erreichte, daß der Verbrauch von Agro-Chemikalien in seiner Heimatprovinz Rio Grande del Sul in zehn Jahren um 70 Prozent sank und begründete die brasilianische Umweltbewegung.

Der chilenische Wirtschaftswissenschaftler Manfred A. Max-Neef begründete nach einer Karriere unter anderem als Professor in Berkeley, Berater der UNO-Land-wirtschaftsorganisation FAO und Projektleiter der Arbeitsorganisation ILO die „Barfuß-Ökonomie”, die sich (wie Kohr) am menschlichen Maß und an den fundamentalen menschlichen Bedürfnissen orientiert und begründete ein alternatives Entwicklungszentrum, das das Selbstvertrauen lokaler Gruppen stärkt.

Die Right-Livelihood-Jury ermutigte und stärkte völlig verschiedene Menschen und Projekte. Unter ihnen: Die Bundestags-Abgeordnete der deutschen Grünen, Petra Kelly, die unter dem Eindruck des Krebstodes ihrer zehnjährigen Schwester Grace eine Stiftung zur Erforschung von Krebserkrankungen bei Kindern gründete. Häuptling Ibedul Gibbons von Palau, der (trotz der Ermordung zweier Präsidenten der westpazifischen Inselgruppe) für die Einhaltung eines von den 15.000 Einwohnern 1979 mit überwältigender Mehrheit beschlossenen Verbots der Tests, Lagerung oder Endlagerung von ABC-Waffen kämpft. Die japanische Verbraucherinitiative Seikat-su, die 170.000 Familien mit billigen, gesunden, umweltschonend hergestellten Lebensmitteln versorgt. Wangari Maathai, Kenias erster weiblicher Professor, die eine Massenbewegung zur Wiederaufforstung des Landes ins Leben rief.

Unter den Preisträgern sind der Ungar Düna Kör, der das geplante riesige Donaukraftwerk zu Fall brachte, Evaristo Nugkuag, der die Rechte der Amazonas-Indianer verteidigt und zur Leitfigur der peruanischen Indianerbewegung wurde, die Inderin Ela Bhatt, Begründerin einer Heimarbeiterinnen-Gewerkschaft. Jede(r) von ihnen steht für ein Projekt der Hoffnung...

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