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Prophetische Zeichen fehlten
Vorige Woche endete in Santo Domingo die IV. Versammlung der Bischöfe Lateinamerikas. Bischof Erwin Kräutler erlebte dort Licht und Schatten.
Vorige Woche endete in Santo Domingo die IV. Versammlung der Bischöfe Lateinamerikas. Bischof Erwin Kräutler erlebte dort Licht und Schatten.
„Positiv ist, daß die vorrangige Option für die Armen - und für die Jugend - Schwerpunkt der pastoralen Arbeit bleibt und daß sie angereichert wurde durch die Option für Afro-Amerikaner und indigene Völker, auch wenn von .Befreiung' kaum und von .Befreiungstheologie' gar nicht die Rede war." So begann Erwin Kräutler, aus Vorarlberg stammender Bischof vom Xingu (Brasilien), direkt vom lateinamerikanischen Bischofstreffen nach Österreich gereist und am 30. Oktober in Innsbruck mit dem Ehrendoktorat für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet, in Wien im kleinen Kreis seinen Bericht über Santo Domingo.
Laut Kräutler habe die Mehrheit der Teilnehmer dort keine Konferenz „der Bischöfe", sondern eine „für Bischöfe" erlebt. Rom habe alles bis ins Detail vorbereitet. Kontakte abseits der Sitzungen waren erschwert, weil man ohne Notwendigkeit die Bischöfe in weit voneinander entfernten Hotels untergebracht hatte. Änderungen im Ablauf mußten erkämpft werden, indem ein mutiger Bischof ans Mikrophon trat. Alle drei Konferenz-Präsidenten wurden nicht gewählt, sondern von Rom ernannt.
Das - in den Augen Kräutlers nicht perfekte, aber gute - aus lateinamerikanischen Eingaben erstellte Arbeitspapier wurde vom Tisch gefegt. Die 30 Kommissionen mußten neu beginnen, durften zu den Sitzungen keine Theologen beiziehen (die Bischöfe konnten sich mit ihren Beratern oft nur zu nächtlicher Stunde treffen) und mußten unter großem Zeitdruck Texte liefern, die ein bereits bestelltes Redaktionskomitee kürzte. Die Kommissionstexte drohten dabei ihre Brisanz zu verlieren, worauf die Bischöfe durchsetzten, daß auch von der Versammlung gewählte Vertreter zur Redaktionsarbeit beigezogen und Texte nochmals überarbeitet wurden. Damit habe einiges, aber nicht alles gerettet werden können.
Einer Nachtschicht des Vorsitzenden der Brasilianischen Bischofskonferenz, Iuciano Mendes de Almeida, sei es zu verdanken, daß der Abschnitt zur Förderung der menschlichen Entwicklung der beste Teil des Schlußdokuments wurde. Dieses enthalte trotz vieler Abschwächungen noch (immer so viel Gutes, daß ihm doch fast alle Bischöfe zustimmten. Kardinal-Staatssekretär Angelo Sodano versprach, der Papst werde sich innerhalb von zwei bis drei Wochen zu dem Dokument äußern beziehungsweise es approbieren.
Kräutler meinte, ihm und anderen Bischöfen hätten in Santo Domingo konkrete prophetische Zeichen gefehlt: etwa eine offizielle Bußfeier mit dem Volk und einer Vergebungsbitte an die Indianer und Afro-Ameri-kaner oder eine offizielle Grußbotschaft an die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu, an die immerhin ein von vielen Bischöfen un-terzeichneterBrief zustandekam. Dennoch sei er nicht enttäuscht abgereist, weil er große Solidarität unter den Bischöfen gespürt und gemerkt habe, in ganz Lateinamerika dächten viele Bischöfe in wichtigen Fragen wie er.
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