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Prost! Mahlzeit und guten Appetit!

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Das Weihnachtsfest steht wieder vor der Tür. Beim Gedanken an die knusprige Weihnachtsgans oder den schmackhaft zubereiteten Weihnachtskarpfen werden alle guten Vorsätze über Bord geworfen. Wer denkt hier noch an gesunde Ernährung?

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Das Weihnachtsfest steht wieder vor der Tür. Beim Gedanken an die knusprige Weihnachtsgans oder den schmackhaft zubereiteten Weihnachtskarpfen werden alle guten Vorsätze über Bord geworfen. Wer denkt hier noch an gesunde Ernährung?

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Zwanzig Millionen Kilo Ubergewicht schleppen Frau und Herr Österreicher laut einer Schätzung des Institutes für Sozialmedizin der Wiener Universität mit sich herum. Kaum zu glauben, daß trotzdem Mangelkrankheiten immer häufiger auftreten. Unreine Haut, Haarausfall, brüchige Nägel, erhöhte Infektionsanfälligkeit - Erscheinungen, die meist in direktem Zusammenhang mit falschen Ernährungs- und überhaupt Lebensgewohnheiten zu sehen sind.

„Der Tod sitzt im Darm“ heißt jener Slogan, mit dem Naturheilapostel ihre Philosophie darstellen. Heute kämpfen diese, vormals Außenseiter, Schulter an Schulter mit der Schulmedizin. Denn die moderne Ernährungslehre hat mit komplizierten wissenschaftlichen Methoden herausgefunden, was denkenden Menschen schon vor Jahrtausenden einfach Vernunft diktierte: Schlecht funktionierende Verdauung, hervorgerufen durch Sünden beim Essen, ist Risikofaktor Nummer eins bei der Entstehung fast aller tödlichen Krankheiten!

Wie lautet konkret die Anklage?

• Wir essen zuviel Zucker, der eigentlich nur als Gewürz dienen sollte. Uberschuß an Zucker in der Nahrung leistet schwerem Stoffwechselleiden, Vitaminmangel und natürlich Ubergewicht Vorschub.

• Wir essen zuviel tierisches Fett! Die Mengen an Fett, die wir mit Gebratenem und Gebackenem, mit Pommes frites, Wurst oder Konserven aufnehmen, kann kein Körper klaglos verarbeiten. Hoher Neutralfett- und Cholesterinspiegel sind die Folgen. Und damit drohen uns Herzinfarkt, Hirnschlag, Durchblutungsstörungen, Blindheit und Impotenz, um nur einige Beispiele zu nennen.

• Wir essen zuviel tierisches Eiweiß! Fleisch, Eier, Fisch und Milchprodukte sollten deshalb auf dem Speiseplan nicht fehlen— sie gehören zu ausgewogener Er- \ nährung. Aber sicher nicht in den bei uns verzehrten Mengen. Nach dem Krieg gab es wenig Fleisch, wenig Fisch, wenig Eier und deshalb auch wenig Gicht und rheumatische Beschwerden. Heute bleibt kaum noch einer von irgendwelchen Wehwehchen verschont, die im Volksmund als „rheumatisch“ bezeichnet werden. Unter anderem auch ein Tri-, but an den krassen Eiweißüberschuß ...

• Wir leiden an Mangel im Uberfluß! Ein Widerspruch? Bei Betrachtung der in Österreich bevorzugt verspeisten Nahrungsmittel nehmen frisches Gemüse, Obst und Vollkornprodukte vorläufig noch armselige Positionen ein. Vitamine und Mineralstoffe, die der Organismus dringend benötigt, fehlen mehr, als viele von uns glauben (unreine Haut, brüchige Nägel, glanzlose Haare...).

• Alkohol, Nikotin und die bereits aufgezählten Ernährungssünden schädigen die Darmschleimhaut dermaßen, daß sie gar nicht mehr in der Lage ist, sich wichtige Aufbaustoffe aus dem Essen zu holen.

• Schließlich erziehen wir unseren Darm zur Trägheit, indem wir ihm Ballaststoffe verweigern: Unverdauliche Pflanzenprodukte, die in Naschereien, Semmeln, Weißbrot und so weiter kaum mehr in ausreichendem Maße vorkommen. Ballaststoffe zwingen den Darm zur Arbeit und machen ihn dadurch leistungsfähig. Wer ballaststoffreich ißt, kennt das Problem der Verstopfung nicht. Andernfalls aber wird der Verdauungsapparat faul und arbeitsunfähig.

Daß auch Brot und vor allem Mehlspeisen aus Vollkorn Delikatessen sein können, beweist seit einigen Jahren der burgenländi-sche Bäckermeister Hans Gradwohl aus Weppersdorf. Er erzeugt Sachertorten, Bauernbrot, Lin-zerschnitten, gebackenes Müsli, Dinkelbrot, Semmeln und neben vielen anderen Köstlichkeiten als Spezialität auch einen Christstollen ausschließlich aus Vollkorn.

In seinem Buch „Vollwertmehlspeisen aus Österreich“ verrät er viele Backgeheimnisse.

Ein weiterer Pionier vernünftiger Ernährung ist Professor Willi

Dungl, Leiter des Biotrainingszentrums Gars am Kamp. Seine zehn Regeln der österreichischen Naturküche (gegründet 1979):

1) Honig statt Zucker, aber in Maßen

2) Vollmehl statt weißer Aus-zugmehle

3) Nur kaltgepreßte Pflanzenöle oder, begrenzt, Butter verwenden

4) Vor den Hauptmahlzeitenein Teller Rohkost

5) Schonende Zubereitung von Gemüse durch Dämpfen. Nicht aufwärmen!

6) Weniger Fleisch, dafür hochwertiges Pflanzeneiweiß essen: Vollkornbrot, Sojaprodukte

7) Chemische Konservierungsmittel vermeiden

8) Zum Frühstück Vollkornbrot oder Müsli als Energiestoß

9) Abends leicht verdauliche Kost nicht zu spät essen

10) Mehr mit Kräutern, weniger mit Salz würzen.

Wer im Hinblick auf die kommenden Feiertage schon jetzt mit einer Abmagerungskur liebäugelt, sei gewarnt: Jede Form der einseitigen Ernährung fügt dem Körper nur Schaden zu und bringt nie den gewünschten Erfolg. Zehn Kilo abnehmen in drei Wochen — sicher möglich. Aber drei Wochen später sind eventuell zwölf Kilo wieder auf der „Haben-Seite“ ...

Daher haben Sozialmediziner wie Professor Michael Kunze und der Psychologe Rudolf Schober-berger das System „Schlank ohne Diät“ entwickelt, das nun in Kursen unterrichtet wird.

Auskünfte darüber erteilt das Vital-Insti-tut, 1190 Wien, Heiligenstädter Straße 63, TeL: 36 91 350-173, vormittags.

Der Autor ist Wissenschaftspublizist und praktischer Arzt in Wien.

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