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Protektor und Politiker

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Auf das Jahr 1967 gehen jene guten Beziehungen zwischen der rumänisch-orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche Österreichs zurück, als deren Fortführung der Besuch des Oberhauptes der rumänischen Orthodoxie, Seiner Seligkeit Patriarch Teoctist, vom 19. Juni bis 1. Juli in Wien und in Salzburg jedenfalls auch anzusehen war. Als Vorsitzender des Stiftungsfonds PRO ORIENTE hatte Kardinal Franz

König 1967 dem damaligen Patriarchen Justinian einen Besuch abgestattet, der im darauffolgenden Jahr erwidert worden war. Und damit einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem entspannteren Verhältnis der rumänisch-orthodoxen (National-) Kirche zu Rom getan, ein Verhältnis, das vor allem durch die Zwangsintegration der rumänischen Katholiken des östlichen Ritus, der „Unierten“, in die rumänisch-orthodoxe Kirche im Jahr 1948 belastet war.

Mit 15,5 Millionen Gläubigen ist die rumänisch-orthodoxe Kirche die zweitgrößte nach der russisch-orthodoxen, ihre Bedeutung wird auch wegen der überaus starken Verankerung im Volk und wegen ihrer Rolle für die staatliche Identität im politischen Bereich nicht unterschätzt. Das zweihundertjährige Bestehen einer rumänisch-orthodoxen Gemeinde in Wien bot den äußeren Anlaß für diesen ersten Auslandsbesuch des erst seit November 1986 im Amt befindlichen Patriarchen.

Die schon früh wahrgenommene Mittlerfunktion der rumänischen Orthodoxie zwischen Ost und West — angefangen von der Ausbreitung des Christentums bei den Germanen — rückte dann auch bei der Festveranstaltung der rumänischen Gemeinde der Wiener Ostkirchen-Experte Emst Christoph Suttner ins Zentrum seiner Ausführungen. Bei der Vermittlung von Reformation und Gegenreformation in die orthodoxe Theologie, beim Austausch zwischen dem christlichen mitteleuropäischen Österreich- Ungarn und dem islamischen Os- manenreich spielte die rumänisch-orthodoxe Kirche eine wesentliche Rolle.

In einem Festakt proklamierte denn auch Erzbischof Hans Hermann Groer, der nunmehrige Vorsitzende des Stiftungsfonds PRO ORIENTE, Patriarch Teoctist zum „Protektor“ des Stiftungsfonds, Gegeneinladungen an Erzbischof Hans Hermann Groer und an Erzbischof Karl Berg wurden ausgesprochen.

Der Besuch des Patriarchen und seiner siebenköpfigen Begleitung galt allerdings nicht nur einer feiernden Gemeinde, er galt auch dem griechisch-orthodoxen, dem russisch-orthodoxen und den protestantischen Kirchen- führem, er galt politischen Spitzenfunktionären Österreichs, UNO-Vertretern und dem päpstlichen Nuntius.

Eine Pressekonferenz bot dem Patriarchen und seiner Begleitung auch Gelegenheit, auf die bohrenden Fragen westlicher Medienvertreter nach der wirtschaftlichen Situation Rumäniens, nach dem Verhältnis von Staat und Kirche und der finanziellen Situation der rumänischen Orthodoxie, nach den Beziehungen zu den „Unierten“ und den Minderheiten so ausweichend zu antworten, wie es deren Weiterwirken vermutlich erfordert.

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