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Provinzialismus bekämpfen

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FURCHE: Welche Voraussetzungen müssen in den nächsten Jahren an unseren Universitäten für den EG-Beitritt geschaffen werden?

ERHARD BUSEK: Diese Voraussetzungen zu schaffen, hat vor allem budgetäre Auswirkungen. 1990 gaben wir rund 300 Millionen Schilling für die Forschung und Ausbildung aus, nach dem EG-Beitritt werden wir vielleicht eine Milliarde Schilling investieren müssen. Aber unsere Teilnahme ist auch ein Gradmesser für die Konkurrenzfähigkeit unserer Forschung. Die Auswirkungen betreffend die Universitätsstudien werden aber ebenso gravierend sein. Das Studentenaustauschprogramm ERASMUS der EG sieht vor, daß zehn Prozent der Studenten eines Jahrganges in einem anderen (EG)Land studieren. Für eine solche Regelung müßten in Österreich folgende organisatorische Maßnahmen (wieder mit finanziellen Auswirkungen) getroffen werden: Bau von Studentenheimen für die ausländischen Hörer, Vergleichbarkeit und Vereinbarkeit der Studienabläufe in den verschiedenen Ländern und Regelungen, die den Zustrom deutscher Studenten (aus Gründen des numerus clausus) verhindern.

Mit dem EG-Beitritt kämen auch in Österreich sogenanne Joint-study-Programme zur Anwendung, was bedeutet, daß Teile eines Studiums gleichwertig in einem anderen Land absolviert werden können. Das gibt es schon im Fach „Internationale Wirtschaftswissenschaften” an der Universität Innsbruck, wo mit einer englischen, einer französischen und einer US-Universität solche Partnerverträge abgeschlossen wurden. Innsbruk-ker Studenten legen dort ihren zweiten Studienabschnitt ab. Für die Universitäten in Klagenfurt und Graz möchte ich eine solche Partnerschaft mit den Hochschulen von Triest, Udine, Laibach und Marburg verankern. Die Universitäten arbeiten an diesen Projekten mit Feuereifer mit, damit wird der Provinzialismus bekämpft.

FURCHE: Werden die Studenten für diese Auslandsstudien auch zu motivieren sein?

BUSEK: Ja, durchaus. USA-Stipendien gibt es immer zu wenige, zugenommen hat die Nachfrage nach Stipendien für die ostmitteleuropäischen Länder. Österreich hat auf den Gebieten der Physik und der Geisteswissenschaften einen guten internationalen Standard und sollte Standort einer internationalen Forschungseinrichtung werden. Das Wiener Institut für die Wissenschaft vom Menschen könnte im Gebiet der Geisteswissenschaft dazu ausgebaut werden. Dort könnte beispielsweise eine europäische Geschichtsschreibung entstehen.

FURCHE: Müßten nicht auch verstärkt ausländische Gastprofessoren eingesetzt werden?

BUSEK: Ich habe durchgesetzt, daß aus diesem Grund in jeder Berufungskommission zur Neubesetzung eines Lehrstuhls ein ausländischer Gastprofessor vertreten ist. Es wird weiters immer weniger „Haus-Berufungen” geben und außerdem werden außerordentliche Mittel für Gastprofessuren zur Verfügung gestellt. Mehr als bisher sollen in Hinkunft junge österreichische Wissenschaftler nach Abschluß ihrer Studien sich im Ausland weiterbilden, und umgekehrt, junge Amerikaner, Engländer, Franzosen zu uns kommen.

FURCHE: Welche Möglichkeiten der Finanzierung gibt es sonst?

BUSEK: Für unsere Beteiligung am EUREKA- Programm, das von EG und Efta getragen wird, haben wir gute Erfahrungen gemacht. Großunternehmen wie Siemens und Philips, aber auch Klein- und Mittelbetriebe haben gemeinsam 1,1 Milliarden Schilling aufgebracht.

Mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung sprach Leonore Rambosek.

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