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Puppe und Bouquet

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Immer wieder wird neben der Frage, wie eine Ausstellung entsteht, die nach den bedeutendsten Objekten gestellt, wobei nicht unbedingt kunsthistorische oder materielle Werte allein ausschlaggebend sind, sondern auch kulturhistorische oder persönliche Aspekte einbezogen werden müssen. Unbewußt treten einige Objekte in den Vordergrund, die durch ihren künstlerischen Rang, oder auch durch die Schwierigkeiten, sie zu erlangen, oder durch den Zufall ihrer Auffindung besondere Bedeutung erhielten.

Eines der ersten „Fundstücke” bei der Ausstellungsvorbereitung stellt der Habsburgische Stammbaum dar, gezeichnet von Salomon Kleiner, datiert 1747, mit Schönbrunn als Kartusche, wobei diese Ansicht noch den früheren Zustand des Schlosses mit flachen Dächern zeigt. Diese Federzeichnung gelangte nach ihrer Vorlage am Hof nicht zum Druck und fristete seit dieser Zeit, zwar in prominenter Nachbarschaft mit Dürers Triumphzug, ein Dornröschen-Dasein.

Weiters hervorzuheben ist die Zinn-Kupfer-Figur „Maria Theresia als Königin von Ungarn” von Franz Xaver Messerschmidt, die wegen ihres äußerst fragilen Zustandes nicht von der österreichischen Galerie im Belvedere nach

Schönbrunn transportiert werden konnte und auf welche wir auf keinen Fall verzichten wollten. Nach vielen Absagen und langem Suchen wurde von Walter Leitner ein Abguß-Meisterwerk geschaffen, das die Besucher auf der Blauen Stiege begrüßen wird.

Neben reizenden Kinderbildern Franz Stephans und der kleinen Maria Theresia mit ihrer Lieblingspuppe (aus dem Elisabethinum in Klagenfurt) zählen die Profilbilder beider nach ihrer Vermählung zu den weiteren Fundstük-ken aus dem Besitz der Graphischen Sammlung Albertina. Diese farbigen Kreidezeichnungen auf lichtgrünbrau-nem Papier, leicht hingeworfen, gehören - obzwar in der zweiten Garnitur aufbewahrt - zu den reizvollsten Bildnissen des Paares, wobei die Gegenüberstellung der Köpfe noch heute die besonders enge Beziehung der beiden erahnen läßt.

Die Schilderung des Hochzeitsmahles, ein Ölgemälde aus Schloß Gripsholm, ist durch den Vergleich mit dem Zeremonialprotokoll der Hochzeit, das eine genaue Auflösung der dargestellten Personen ermöglicht, von besonderem historischem Interesse.

Eine kunsthistorisch zentrale Stelle nehmen die Pastelle des Malers Jean Etienne Liotard ein, die dieser während seiner drei Aufenthalte in Wien, 1743, 1762 und 1778 schuf. Liotard war der Lieblingsmaler Maria Theresias, die Bilder seines Neffen Lavergne und der späteren Madame Necker hingen zeit ihres Lebens in ihrem Schlafzimmer. Die während seiner Aufenthalte geschaffenen Bildnisse der Kaiserin schildern genau ihr Äußeres als junge Frau, im mittleren Alter und als reife Regeri-tin. Zudem geben sie uns Einblick in die damals herrschenden Moden, wie die durch den Maler selbst eingeführte türkische Tracht bei Hoffesten. Neben diesen Bildern zählen Liotards Zeichnungen der Kinder Maria Theresias, die -nach dem 2. Weltkrieg verkauft - heute in der Gottfried-Keller-Stiftung in Genf aufgewahrt werden, zu den kunsthistorisch bedeutendsten Objekten.

Für Erzherzog Ferdinand schufen Philipp von Rottenberg und Charles Joseph Roettiers 99 Erziehungstafeln, die am 31. Dezember 1769 dem 15jährigen übergeben wurden. Diese Lehrtafeln stellen über die reizvollen Darstellungen Roettiers hinaus eines der interessantesten pädagogischen Werke dar, die von der Darstellung des Staatsgefü-ges über philosophische Grundgedanken, die Naturwissenschaften bis zu den Aufzählungen einfachster Tiere und zur Herstellung verschiedenster Produkte reichen und einen Einblick in die intensive Vorbereitung und Ausbildung der kaiserlichen Kinder geben. Dazu kommen die persönlichen Anweisungen Maria Theresias an ihre Kinder, wie sie sich verhalten sollen, wobei sie schonungslos die Fehler der einzelnen anführt. Zu den persönlich schönsten Dokumenten zählen die Ratschläge der Mutter anläßlich der Verehelichung der Töchter, die die große Klugheit dieser Frau erahnen lassen.

Das am meisten umkämpfte Gemälde der Ausstellung ist wohl die „Madame de Pompadour” von Francois Bou-cher aus dem Besitz der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in der Alten Pinakothek in München. Nachdem zuerst restauratorische Bedenken gegen eine Leihgebung sprachen, sollte später dieses Werk als Leihgabe nach Moskau kommen, und erst langwierige Interventionen ermöglichten eine zeitweise Aufstellung in Schönbrunn.

Einen ähnlichen Kampf gab es zur Erlangung des Morgenrocks und Sterbemantels Maria Theresias, der ebenfalls für die Ausstellung Joseph II. in Stift Melk beansprucht wurde. Er wird nun im „Privatgemach”, in dem das Paradebett das zentrale Stück darstellt, neben anderen Erinnerungsstücken wie einem Wasserglas, einer Schreibfeder, einer Blumenschere und dem angeblichen Schoßhund der Kaiserin zu sehen seih. Unter den mit der Kaiserin in besonderer persönlicher Verbindung stehenden Objekten zählt das Edelstein-bouquet von Johann Michael Grosser zu den wertvollsten Exponaten. Diese barocke Miniatur-Edelsteinsammlung wurde um 1760 Franzi. Stephan als Überraschung von Maria Theresia überreicht und stellt mit 12.000 Farbsteinen, 1500 Diamanten und Seidenblättern die Grundlage der Edelsteinsammlung der Mineralogisch-Petro-graphischen Abteilung des Naturhistorischen Museums dar. Ebenfalls aus dem Besitz Franz I. Stephans, dessen Hauptinteresse den Naturwissenschaften galt, stammt das Kopernikanische Planetarium und ein Brennspiegel - ein Parabolspiegel mit Schwenkvorrichtung - mit dem der Kaiser, dessen Vorliebe für Diamanten bekannt war, Versuche zum Schmelzen dieser Edelsteine unternahm; das Mißglücken dieses Experiments ist aus den ebenfalls ausgestellten angekohlten Diamanten ersichtlich.

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