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Purpur für Österreicher

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Nachdem sich die Reihen der zur Papstwahl berechtigten Mitglieder des Kardinalskollegiums unter 80 Jahren in jüngster Zeit durch Tod und Uberalterung stark gelichtet hatten, wurde nun die Ernennung von 28 neuen Kardinälen in Rom bekanntgegeben, womit wieder die Höchstzahl von 120 Purpurträgern unter 80 Jahren erreicht wird. Der Papst wird den neuen Kardinälen am 25. Mai, dem Tag vor Pfingsten, das Kar-dinalsbirett überreichen.

Vatikan-Auguren werten die Liste der Ernannten als „nicht sensationell”, da im großen und ganzen die erwarteten Namen darauf stehen. Die neuen Kardinäle kommen aus 19 Nationen, die meisten — 17 — aus Europa, vier aus Nordamerika, drei aus Südamerika und je zwei aus Afrika und Asien.

Es handelt sich um 14 Diözesan-bischöfe, elf Kurienprälaten, den in Rom lebenden Primas der ukrainischen Kirche (was immerhin ein Signal in diese Richtung ist), Großerzbischof Ivan Luba-chivsky, den Apostolischen Nuntius in Spanien, Antonio Innocen-ti, und den ehemaligen Rektor der Lateranuniversität und einzigen Nichtbischof Pietro Pavan.

Wie erwartet, hat der Papst die neuen Inhaber traditioneller Kardinalssitze wie München, New York, Boston, Madrid, Lyon, Utrecht, Florenz und Bologna zu Kardinälen ernannt und darüber hinaus neue Führungspersönlich-keiten in der römischen Kurie mit der Kardinalswürde ausgezeichnet. Insofern kommt auch die Ernennung des österreichischen Kurienerzbischofs Alfons Maria Stickler nicht überraschend.

Alfons Stickler, 1910 in Neunkirchen geboren, Mitglied des Salesianerordens, 1937 zum Priester geweiht, war Lehrer für Kirchenrecht an der römischen Salesianer-universität und schließlich deren Rektor. 1971 berief ihn Papst Paul VI. zum Präfekten der Vatikanischen Bibliothek, 1983 ernannte ihn Johannes Paul II. zum „ProBibliothekar der heiligen römischen Kirche” und übertrug ihm ein Jahr später auch die Leitung des Vatikanischen Geheimarchivs.

Obwohl diese Funktion traditionell mit dem Kardinalspurpur verbunden war, darf man bei Stickler anmerken, daß sich seine Arbeit der vergangenen Jahre, in denen die älteste Bibliothek des Abendlandes mit modernsten technischen und wissenschaftlichen Einrichtungen ausgestattet wurde, der besonderen Wertschätzung des Papstes und der Fachwelt erfreut. Notwendige Um- und Neubauten wurden durch großangelegte Verkäufe von Faksimile-Ausgaben der schönsten Werke der Vaticana finanziert.

Der deutsche Sprachraum wird im Kardinalskollegium in Zukunft auch durch den Propräfek-ten der Kongregation für Sakramente und Gottesdienst in der römischen Kurie, den deutschen Erzbischof Augustin Mayer, vertreten sein. Unerwarteter als diese Ernennungen kommt die Ehrung für den aus Krankheitsgründen emeritierten Präsidenten der Päpstlichen Medienkommission, Andrzej M. Deskur, der aber als langjähriger Freund und Berater des Papstes gilt.

Während einige an der Gerüchtebörse gehandelte Kandidaten für die Kardinalswürde diesmal nicht zum Zug kamen — etwa ein Schweizer oder der frühere Nuntius in Wien, Mario Cagna, oder der slowenische Metropolit Aloj-zij Suätar (Laibach) -, deuten einige Ernennungen doch auf eine bestimmte Linie des Papstes hin. Und diese Linie lautet: Aufwertung der katholischen Führungspersönlichkeiten in Krisengebieten.

So stärkt die Kardinalswürde für die Oberhirten Miguel Oban-do Bravo (Nicaragua), Juan Francisco Fresno Larrain (Chüe), Ricardo Vidal (Philippinen) und Paulus Tzadua (Äthiopien) diesen sicher den Rücken in Auseinandersetzungen mit der staatlichen Autorität und bedeutet ein Signal für die Christen dieser Länder, daß Rom zu ihnen steht.

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