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331 katholische Privatschulen mit über 56.000 Schülerinnen und Schülern bestehen derzeit in Österreich. Ihr Anteil am gesamten Schulwesen könnte weit höher sein, müßten diese Schulen nicht jährlich im Durchschnitt 20 bis 30 Prozent der Aufnahmewilligen aus Platzgründen abweisen (die Dunkelzahl jener, die erst gar nicht um Aufnahme ansuchen, gar nicht mitgerechnet).

Kein Zweifel, die katholischen Privatschulen sind attraktiv. Aber warum? Liegt es daran, daß diese Schulen viel mehr als öffentliche Schulen ganztägige Betreuung (Halbinternat und Vollinternat) anbieten? Oder meinen Eltern, ihre Sprößlinge könnten in diesen Schulen eher leistungsmäßig mithalten und die Matura schaffen?

Der Hauptverband katholischer Elternvereine Österreichs, die Dachvereinigung der an katholischen Privatschulen bestehenden Elternvereine, wollte es genau wissen und startete im Frühjahr 1980 unter wissenschaftlicher Betreuung von Mag. Norbert Berggold eine umfassende Befragung unter allen Eltern. Die nun abgeschlossene Auswertung zeigte hochinteressante Ergebnisse.

So kamen von 50.000 ausgesandten Fragebogen (obwohl es bei 56.000 Schülern sicher nicht 50.000 verschiedene Eltern gibt, da ja oft Geschwister die gleiche Schule besuchen) 26.417, das sind 52,84 Prozent, ausgefüllt zurück. Diese hohe Beteiligung läßt die Resultate vorerst einmal als unbedingt repräsentativ erscheinen.

Zunächst ergab sich, daß die katholische Privatschule „keine Exklusivschule der Reichen" ist (Berggold): Familien katholischer Privatschüler verdienen zwar mehr als der österreichische Durchschnitt, sind aber auch in der Regel größer, weshalb das Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf bei den Eltern katholischer Privatschüler geringer als im gesamtösterreichischen Durchschnitt ist.

Eltern katholischer Privatschüler verfügen über einen überdurchschnittlich hohen Bildungsstand, so haben etwa 25,1 Prozent Hochschulabschluß (gesamtösterreichisch nur 9,9 Prozent). Dementsprechend sind leitende Angestellte und Beamte, Selbständige und Freiberufler überrepräsentiert, Arbeiter hingegen unterrepräsentiert.

Die Antworten auf die Frage, warum nun die Eltern ihre Kinder in katholische Privatschulen schicken, interpretiert der Präsident des Hauptverbandes katholischer Elternvereine, Dr. Herbert Emberger, als „Absage an die Ver-politisierung und Verwissenschaftlichung der Schule, als Absage an Mammutschulen und Schulzentren".

Die Eltern- reihten nämlich die 16 möglichen Antworten so:

1. Der gute Ruf der Schule war ausschlaggebend.

2. Das Lehrpersonal ist besser als an öffentlichen Schulen.

3. Die katholische Erziehung des Kindes ist bedeutend.

4. Die Erziehung des ganzen Menschen (Körper, Geist, Seele) wird nur in der katholischen Privatschule geboten.

• Der Drogenaufklärung in der Schule stimmt die Katholische Lehrerschaft Österreichs grundsätzlich zu, meint aber, die ersten und wichtigsten Akzente müßten vom Elternhaus ausgehen. Außerdem habe die Behörde die Aufgabe, die Lehrer erst einzuschulen und geeignete Arbeitsmittel bereitzustellen. Entschieden protestiert die Katholische Lehrerschaft gegen eine TransferierungderKindergärtnerinnen-ausbildung an die Pädagogische Akademie, da für das Kindergartenkind emotionale Bereiche wichtiger seien als rein kognitive. Sinnvoller sei es, meinen die katholischen Lehrer, die derzeitige Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen auf fünf Jahre zu verlängern und mit einer Reifeprüfung enden zu lassen.

5. Es wird intensiver gelernt als an öffentlichen Schulen.

6. An einer katholischen Privatschule ist kein Massenbetrieb.

7. Schule und Lehrkörper sind nicht so verpolitisiert wie an öffentlichen Schulen.

8. In der Privatschule ist das Kind noch in einer heilen Welt geborgen.

9. Die Möglichkeit einer humanistischen Ausbildung ist gegeben.

10. Die Mitschüler gehören einem besseren Milieu an.

11. Der Privatschule ist ein Internat angeschlossen.

12. Die Empfehlung dieser Schule durch Verwandte, Bekannte war ausschlaggebend.

13. Unser Kind schafft es an dieser Schule leichter als an einer öffentlichen.

14. Die örtliche Lage der Privatschule ist günstiger als die öffentlicher Schulen.

15. Es gibt in der Öffentlichkeit ein gutes Bild ab, eine Privatschule zu besuchen.

16. Bei uns hat der Privatschulbesuch Familientradition.

Somit rangieren die qualitätsbezoge-nen und christlich-weltanschaulichen Motive klar vor den sachlichen und imagebezogenen. Daß die Privatschule nicht mehr als der leichtere Weg zur Matura bezeichnet werden kann, beweist schon der im Gefolge des Andranges notwendige Ausleseprozeß.

Auch die ganztägige Betreuung ist kaum der stärkste Anreiz, denn von den Befragten sind 57,6 Prozent der Kinder extern , 26,8 Prozent im Halbinternat (Tagesheim) und nur 15,6 Prozent im Vollinternat. Vom Halbinternat und Internat erwarten die Eltern vor allem Erziehung zu guten Manieren und Ordnung, zu Selbständigkeit und Kritikfähigkeit.

Die Mehrheit der Eltern gibt der katholischen PrivatschulegroßeZukunfts-chancen. Das Schulgeld wird als angemessen erachtet, über die Abdeckung der Kosten bestehen Informationslük-ken. Bekanntlich bemühen sich die Privatschulen angesichts der Herabsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen, die vom Pädagogischen her auch von ihnen begrüßt wird, um mehr staatliche Förderung beim Sachaufwand, um räumlich erweitern zu können beziehungsweise den Ausfall von Schülern (und Schulgeld) wettzumachen.

Die Benotung der katholischen Privatschule durch die Eltern, denen übrigens „Erziehung zu Moral und Gewissen" oberstes Anliegen ist, fällt überschwenglich gut aus, etwas zurückhaltender (Emberger: „Da werden wir uns etwas überlegen müssen") bei Internat und Halbinternat.

Immerhin: 59 Prozent der Eltern würden „auf alle Fälle" und weitere 36 Prozent „wahrscheinlich schon" ihr Kind wieder in eine katholische Privatschule schicken.

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