Die Hitze im Gefecht

19451960198020002020

Brigitte Quint lechzt dem Frühling entgegen. Mit Corona hat das nichts zu tun. Vielmehr hat sie genug von den hitzigen Debatten in den eigenen vier Wänden.

19451960198020002020

Brigitte Quint lechzt dem Frühling entgegen. Mit Corona hat das nichts zu tun. Vielmehr hat sie genug von den hitzigen Debatten in den eigenen vier Wänden.

Werbung
Werbung
Werbung

Beziehungstechnisch ist der Winter für meinen Mann und mich eine Herausforderung. Wir kriegen uns permanent in die Haare. Wegen der Heizung. Er dreht sie am liebsten auf Anschlag. Wenn es nach mir ginge, liefe sie auf äußerster Sparflamme. Ich kriege Schnappatmung bei dieser trockenen Heizungsluft. Lieber wickle ich mich in Decken und ziehe drei Pullover übereinander an.

Daher läuft es bei uns wie folgt: Mein Mann hantiert am Thermostat herum, sobald ich ihm den Rücken zukehre. Ich bemerke das zehn Minuten später und klage über Hitzewallungen. Irgendwann reiße ich theatralisch die Fenster zum Lüften auf. Das ist der Punkt, an dem mein Mann behauptet, die Lungenentzündung wäre in seinem Fall nur noch eine Frage von Minuten. Manchmal fällt auch das Wort Kältetod. Ja, tatsächlich liegt bei uns zu Hause eine gewisse Melodramatik in der Luft.

Im Februar erreichen unsere Debatten meist den Peak. Wohlwissend, dass die Frühlingsgefühle mit dem Ende der Heizsaison zurückkehren werden.

Heuer allerdings zog ich einen Joker aus dem Ärmel. Meine Aversion gegen die Heizungsluft ist nun offiziell keine individuelle Befindlichkeit mehr – ich argumentiere weltpolitisch. Wer beim Heizen kein Halten kennt, so erkläre ich meinem Mann, spiele Putin direkt in die Hände. Ich berufe mich auf den Ukraine-Konflikt, die Energieknappheit und nicht zuletzt auf den Weltfrieden.

Natürlich durchschaut er meine Scheinheiligkeit. Dennoch habe ich das Gefühl, meine verbale Drohkulisse trägt Früchte. Mein Mann reißt sich beim Heizen am Riemen. Das wiederum macht mich weniger hitzig. „Lasset uns singen, tanzen und springen! Frühling, Frühling wird es nun bald.“

Lesen Sie auch die Quint-Essenz "Von der Demütigung, Mittelmaß zu sein" oder "Bye, bye Boris!".

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung