En attendant Covid

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Es ist eine Frage von Minuten, bis Brigitte Quint positiv auf Corona getestet wird. Über ein irreales Drama.

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Es ist eine Frage von Minuten, bis Brigitte Quint positiv auf Corona getestet wird. Über ein irreales Drama.

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In den vergangenen Wochen hatten sich 17 Personen aus meinem unmittelbaren Umfeld (also quasi alle) mit Corona infiziert. Die meisten von ihnen hatte ich wenige Stunden, bevor sie ihr Testergebnis bekommen haben, getroffen. Mein Mann witzelt schon, ich sei eine Art Superspreaderin mit Superkräften. Bevor sich die Seuche bei mir einnistete, würde ich sie an mein Gegenüber abtreten.

Man stelle sich vor, es gäbe noch K1-Regeln. Ich säße seit Jänner in Quarantäne. Stattdessen gehe ich nun täglich in das Test-Zelt auf der Mariahilfer Straße. Der blutjunge Kerl, der den Abstrich macht, schmunzelt schon, wenn er mich sieht. Ich deutete ihm gegenüber an, welches Ausmaß das Infektionsgeschehen in meinem Dunstkreis angenommen hat. Seither pflegen wir eine oberflächliche Bekanntschaft. Wenn wir uns zufällig begegnen, grüßen wir einander.

Statistisch gesehen ist es eine Frage von Minuten, bis es mich erwischt. Mein Erkrankungsrisiko dürfte exorbitant sein. Allerdings sage ich das schon seit Anfang des Jahres. Meine Freundin hat mir jüngst sogar ihren infizierten Gatten zum Knutschen angeboten: „Damit Du es endlich auch hinter Dir hast!“ Schon klar, nach so einer Aktion wäre Corona mein geringstes Problem.

Also warte ich weiter. Wartete ich auf Becketts Godot, hätte ich zumindest die Illusion einer Belohnung, die mich erwartete. Tatsächlich empfände ich Covid als Bestrafung. Andererseits behaupten Interpreten, die Wartezeit in Becketts „En attendant Godot“ sei ein Sinnbild für die Orientierungslosigkeit des Menschen.

Soweit würde ich auch wieder nicht gehen. Also in meinem Fall. Godot wiederum taucht ja sowieso nie auf. Ich wünschte, mein eigenes irreales Drama nähme einen ähnlichen Ausgang.

Lesen Sie auch die Quint-Essenz "Spießer im Vorteil" oder "Corona mit Sokrates".

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