HC Strache und der Glitzerstein

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Brigitte Quint hat einen speziellen Zugang zur Person HC Strache. Was das mit einem Kinderbuch zu tun hat, beschreibt sie in ihrer Kolumne.

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Brigitte Quint hat einen speziellen Zugang zur Person HC Strache. Was das mit einem Kinderbuch zu tun hat, beschreibt sie in ihrer Kolumne.

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Wie verwerflich ist es, wenn ich zugebe, dass ich HC Strache sympathisch finde? Seine erhitzte, ungeduldige, verbitterte Art hat etwas Erfrischendes. Sein Gebaren bringt, oder besser gesagt brachte, mich regelmäßig zum Schmunzeln. Kein Hofer, kein Kickl und schon gar kein Nepp würden das nur ansatzweise schaffen. Wenn ich genau hinhöre, was Strache von sich gibt – seine obligatorische Ausländerhetze, sein Zynismus gegenüber Geflüchteten, seine Nähe zum rechten Gedankengut –, dann wird auch mir speiübel. Dennoch hat Strache etwas, das seine Gesinnungsbrüder nicht haben. „Er menschelt, ist kein Roboter“, sagt eine Kollegin aus Oberösterreich, der ich meine perfiden Gedanken mitteile.

Und auch sie gibt zu, dass sie Strache weniger verabscheut, als sie es als Anhängerin des Rechtsstaates und der Demokratie tun sollte. Ihre Analyse trifft es. Strache stolpert von einem Fettnäpfchen zum nächsten und lässt anschließend die ganze Welt an seiner Wut, seinem Gekränktsein, seiner Verwundbarkeit teilhaben. Das sind Momente, da scheinen die emotionalen Verletzungen aus seiner Kindheit – er war drei Jahre alt, als der Vater die Familie verließ – mit Händen greifbar.

Mein Sohn hat ein Bilderbuch. Darin geht es um ein Mädchen, das einen Glitzerstein gestohlen hat. Es hat ein schlechtes Gewissen und sagt sich gebetsmühlenartig vor: „Ich bin eine Diebin.“ Im Laufe der Geschichte findet es heraus, dass ein Mensch nicht nur über eine Tat oder Eigenschaft definiert wird. Ja, sie ist eine Diebin. Aber sie ist auch eine Tochter, eine Freundin, eine Enkelin. Den Glitzerstein gibt sie am Ende zurück. Eine Option, die auch dem Vater, Sohn und Ehemann Strache offensteht.

Lesen Sie auch die Quint-Essenz "Grüß Gott, Sie Flegel" oder "Machos brauchen Ruhe".

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