Von Maus-Mägen und Klimasündern

19451960198020002020

Zu viel Zug fahren gefährdet das Klimaticket, sagt Brigitte Quint. Eine Kolumne über Geschäftsmodelle und Stoßgebete, die gen Himmel fliegen..

19451960198020002020

Zu viel Zug fahren gefährdet das Klimaticket, sagt Brigitte Quint. Eine Kolumne über Geschäftsmodelle und Stoßgebete, die gen Himmel fliegen..

Werbung
Werbung
Werbung

Ein Sager aus der ZIB 1 geht mir nicht mehr aus dem Kopf: „Kritiker warnen, dass Klimaticket-Inhaber die Öffis unnötig häufig verwenden werden.“ Daraufhin wurde ein TU-Verkehrsforscher eingeblendet. Dieser erklärte, diese Befürchtung wäre unbegründet. Der Mensch ginge ja ökonomisch mit seiner Zeit um.

Die Österreicher sollen sich also beim Klimaticket verhalten, wie ich mich beim Frühstücksbuffet. Wenn ich essen kann, wie viel ich will, kann man sich sicher sein, dass ich nur eine halbe Buttersemmel und ein Schälchen Obstsalat hinunterkriege. Anders verhält es sich beim Frühstück à la carte. Da zahle ich Unsummen für frisch gepressten Orangensaft und Lachs- Omlette.

Menschen, denen der Hunger vergeht, wenn es vermeintlich umsonst ist, sind das Geschäftsmodell von All-inclusive-Anbietern. Sie mögen auch jene mit Maus-Magen oder Dauer-Diäthalter. Gäste, die ordentlich zulangen, sind verhasst. Wenn das jeder machen würde. Das wäre der Todesstoß für das "Nimm- so -viel- Du- willst"-Prinzip.

Ich sehe die Chefs der Verkehrsbetriebe bildlich vor mir. Wie sie in ihren Anzügen dasitzen und Stoßgebete gen Himmel schicken. Die Österreicher mögen, so hoffen sie, zuhauf Klimatickets kaufen. Diese aber dann in die hintersten Fächer ihrer Portemonnaies stecken – und vergessen. Zumindest wenn es um Fahrten abseits des Arbeitsweges geht. Für Verwandtenbesuche, Waldausflüge, Bergtouren oder sonstige Schnapsideen hat der gemeine Österreicher weiterhin ins Auto zu steigen.

Man stelle sich vor, das Klimaticket würde eingestellt, nur weil die Bevölkerung zu viel Zug fährt. Für das Klima wäre das eine echte Katastrophe. Frühstücksbuffets kann ich im Übrigen nicht ausstehen. Dieser Zwang, essen zu müssen, weil man dafür bezahlt hat... Total abtörnend ist das.

Lesen Sie auch die Quint-Essenz "Der innere Unfrieden" oder "Das Problemkind".

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung