Was ist richtig, was falsch?

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Hier das Bedürfnis nach menschlicher Nähe, dort die Angst vor einer potentiell tödlichen Erkrankung. Über die Zerissenheit in der Pandemie.

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Hier das Bedürfnis nach menschlicher Nähe, dort die Angst vor einer potentiell tödlichen Erkrankung. Über die Zerissenheit in der Pandemie.

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Spielplatz. Ein schlechtes Gewissen. Zu Hause bleiben wäre besser. Corona. Lockdown. Gefahr. Treffen mit einem Kindergartenfreund. Ist es illegal? Irgendwie schon. Was ist richtig, was falsch?

Die Kinder kraxeln auf einen Turm. Zwei ältere Buben kommen. Sie sind vielleicht zehn oder elf Jahre alt. Ihre Eltern sind nicht da. Die Buben suchen Kontakt. Zu meinem Sohn und dessen Freund. Sie helfen ihnen beim Klettern. Kein Abstand. Panik. Bedenken. Ein Bedrohungsgefühl. Die britische Variante. Sie überträgt sich auch im Freien. Rascher als der Wildtyp. Heißt es.

Warum sind wir hergekommen? Warum sind wir nicht zu Hause geblieben? Was ist richtig, was falsch? Der Wunsch nach Normalität. Ich packe die Wasserflasche und die Banane zurück in die Tasche. Fluchtgedanken.

Einer der großen Buben hebt eine Hand und schlägt sie in die erhobene Hand meines Sohnes. „High five“, sagt er. Mein Kind strahlt. Es ist stolz. Diese Geste ist wie ein Ritterschlag. Ich tausche Blicke mit der Mutter des Kindergartenfreundes. Nervosität. Ein Worst-Case-Szenario. Unsicherheit. Wir rufen unsere Kinder zu uns. Was ist richtig, was falsch?

Suche nach Worten. Corona. Lockdown. Gefahr. Ohnmacht. Wir sprechen leise, flüstern fast. Niemand soll sich kränken. Plötzlich steht einer der großen Buben neben mir. Er zeigt mir ein Dokument auf seinem Handy. Ein Testergebnis. Scham. Traurigkeit. Ernüchterung. Ich will nicht die sein, für die ich gehalten werde. Ich bin offen, aufgeschlossen, gesellig. Wie mein Kind. Verantwortung. Was ist richtig, was falsch? Wir gehen nach Hause. Corona. Lockdown. Gefahr.

Der große Bub winkt, fragt: „Kommt ihr morgen wieder?“ Was ist richtig, was falsch?

Lesen Sie auch die Quint-Essenz "Was Gemeine schaffen" oder den Brief der Autorin "Über das Hinnehmen".

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