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Randbemerkungen eines engagierten Christen

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Der Verfasser, gebürtiger Niederländer, ist seit 1964 Pfarrer in Wien 12 (Namen Jesu), seit 1980 De-chant von Wien-Meidling

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Der Verfasser, gebürtiger Niederländer, ist seit 1964 Pfarrer in Wien 12 (Namen Jesu), seit 1980 De-chant von Wien-Meidling

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Iriester - Mittelpunkt der lebendigen Gemeinde” ist der Titel einer Arbeitsmappe, die zum Gebetstag für geistliche Berufe herausgegeben wurde.

Ist der Priester das heute noch? Kann er es noch sein?

Auf dem Land ist er vielfach der Zerissene zwischen mehreren Gemeinden, der am Wochenende von einer Kirche zur anderen hetzt. Mittelpunkt kann der Prieser nur in einer Gemeinde sein.

In den anderen Gemeinden ist er der Excurrendo-Provi-sor, ein Außenstehender, der dann für eine Stunde Vorsteher der Gemeinde sein soll. In dieser Zeit muß der eigentliche Gemeindeleiter zurücktreten, und zwar dann, wenn die Gemeinde zur Hauptfeier zusammenkommt.

Dieser Umstand dürfte auch ein Grund sein, warum beide Dienste wenig attraktiv sind: der Dienst des Gemeindeassistenten, dem wesentliches vorenthalten bleibt, und der Dienst des Priesters, der zum bloßen Sakramentspender wird.

Dieser Zustand wird noch lange eine der Hauptsorgen der Gemeinden und der Kirche sein. Prof. Ferdinand Klostermann bemerkte zu seinem

Buch „Die pastoralen Dienste heute”: „Angesichts der vorliegenden Zahlen entlarvt sich jeder Optimismus als Zweckoptimismus”.

Im kommenden Arbeitsjahr sollen alle Gemeinden sich mit dieser Sorge auseinandersetzen, und alle sind aufgerufen zum Gebet um geistliche Berufe. Davon wird sich wohl niemand ausschließen. Aber diese Sorge drängt uns auch uns zu fragen, weshalb sich so wenige für diesen schönen Beruf melden.

Liegt es an den Gemeinden? Ich glaube es nicht. Sie sind zwar kleiner als früher, aber viele sind sehr lebendig! Und viele Männer und Frauen haben ihre Verantwortung erkannt und engagieren sich in vorbildlicher Weise.

Liegt es an der Jugend? Auch das glaube ich nicht. Die Teilnehmer am Katholikentag in Berlin waren zu 70 % Jugendliche! Auch in Österreich gibt es sehr lebendige, auch fromme Jugendgruppen. Allein in Wien gibt es mehr als 100 Theologiestudenten -mehr als je zuvor! Viele kombinieren mit einem zweiten Fach und streben „nur” das Lehramt an. Aber wir müssen uns doch wohl fragen: Warum entscheiden sich so wenige Tür das Priesteramt?

Kann es nicht am „Versorgungssystem” liegen? Seit

Jahrhunderten konnte der Bischof die freiwerdenden Posten besetzen. Die Knabenseminare und die Priesterseminare lieferten den Nachschub. Dieses System funktioniert nicht mehr wie früher.

Aber muß dieser Weg der einzige sein, auf dem die Gemeinden zu Priestern und die Priester zu den Gemeinden kommen? Könnte es nicht einen Tür uns neuen, aber schon früher beschrittenen direkteren Weg geben? Bisher haben sich die Pfarren auf den Bischof verlassen (können). Heute muß der Bischof oft sagen: „Ich habe keinen Pfarrer oder Kaplan Tür euch.”

Aber die Gemeinden sollen sich weiterhin versammeln -nicht nur, um das Wort Gottes zu hören, sondern um Eucharistie zu feiern. Viele Gemeinden wären sicher in der Lage, aus ihren Reihen einen geeigneten Kanditaten, der durch seine Arbeit in der Gemeinde ein hohes Maß an Vertrauen genießt, dem Bischof als Vorsteher vorzuschlagen. Dieser könnte ihm nach gründlicher Ausbildung -für die es heute schon verschiedene Bildungswege gibt - die Hände auflegen.

Ich meine, daß viele Gemeinden in der Lage wären, ihren Priestermangel selbst zu decken. Wir haben den Auftrag des Herrn: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!”

Priesterlose Gottesdienste und Priester, die am Sonntag drei oder viermal die Messe feiern müssen, werden das Problem nicht lösen. Das Thema ist ein heißes Eisen. Aber ich glaube, man muß es anfassen - aus Sorge um die Gemeinden.

In diesem Sinne sollen diese „Randbemerkungen eines engagierten Christen”, der schon 25 Jahre mit Freude Priester ist, verstanden werden.

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